Ein kinetischer Buchstabensalat
GALERIE IM TRAKLHAUS / MARTIN OBERASCHER
24/03/10 Der Landespreis für Skulptur, Plastik und Objekt ist vielleicht der für den jeweiligen Künstler nachhaltigste, kann er doch sein Werk gleich zwei Jahre lang im Eingangsgewölbe des Traklhauses zeigen. Martin Oberascher ist diesmal der Glückliche.
Von Reinhard Kriechbaum
Als erstes denkt man an einen Buchstabensalat, auch wenn die weißen Lettern einigermaßen geordnet erscheinen und Floskeln aus einem Trakl-Gedicht zumindest ausschnittweise erkennbar bleiben. "Textual Sculpture" heißt die Arbeit von dem 1975 in Salzburg geborenen Martin Oberascher, für die ihm der zum vierten Mal vergebene Skulptur-Landespreis (dotiert mit 7.300 Euro) zugesprochen wurde. Die Riesenskulptur füllt rechtsseitig die ganze Länge des Eingangsgewölbes, ja: Man muss sogar ein bisserl den Kopf einziehen, wenn man Richtung Hof ums Eck biegt. An Aufmerksamkeit wird es jedenfalls nicht fehlen angesichts des metallenen, ebenfalls weiß lackierten Röhren- und Stangensystems, an dem die metallenen Lettern aufgeschweißt sind.
Mit dem Anschauen allein ist es in dem Fall freilich nicht getan, man muss auch drüber nachdenken, wie der Künstler gerade zu dieser Form (und dieser Transformierung des Textes) kommt. Martin Oberascher kommt nämlich von der Animation her. Trakls Gedicht-Titel "Verfall" hat ihn zu Fall-Studien inspiriert. Auf einem Video sieht man eine Puppe von podesten und Stelen purzeln (im echten Leben hätte das ruinöse Folgen). Martin Oberascher spielt aber auch mit dem Motiv des Durch-eine-Türe-Fallens. Von der Geburt weg ein einziger Verfall? Das ist die Idee, die hinter der Skulptur steht. So besehen wirkt sie dann gar nicht mehr so apart. Wer das Traklhaus betritt, ähnelt der Puppe in den installativen Arbeiten, er fliegt gleichsam am Text Trakls vorbei seinem Ende zu. Dass man danach die Kulturvereinigung (Elisabeth Fuchs war in der Jury) oder die Galerie im Traklhaus ansteuert, wollen wir hier nicht aufs Symbolhafte hin hinterfragen. Die paar Schritte übers "Verfallziel" hinaus hat Martin Oberascher bestimmt nicht gedacht.
Eine bemerkenswerte bildgestalerische Arbeit also - und Kunst im (so gut wie) öffentlichen Raum, die thematisch wie angegossen passt ins Umfeld. Ein Gewinn für Innenstadt.