Die Natur als Selbstdarsteller – beinahe…
GALERIE RUZICSKA / OLAF OTTO BECKER, CLEMENS WOLF
22/02/13 Für eine Einzelausstellung vor drei Jahren in der Galerie Ruzicska hatte sich Olaf Otto Becker dem grönländischen Eis verschrieben. Nun hat es ihn in wärmere Gegenden verschlagen, in die Urwälder von Indonesien und Malaysia.
Von Reinhard Kriechbaum
„Reading the Landscape“: Aus den Landschaften liest Becker – durchaus mit Tendenz zum Monumentalen, zum Pathos gar – heraus, was der Mensch damit anstellt. Wie „inszeniert“ stehen die Bäume da, heben sich heraus aus saftigem, undurchdringlichem Unterholz, verlieren sich nach oben im Dunst der subtropischen Feuchtigkeit. Olaf Otto Becker ist ein gediegener Foto-Handwerker. Mit einer altmodischen analogen Großformatkamera macht er Riesen-Negative (20 x 25 Zentimeter). Außerordentliche Tiefenschärfe, gediegene natürliche Ausleuchtung sind rar gewordene Qualitäten. Digital oder analog – das erinnert ein wenig an die Diskussionen um Vinylschallplatte oder CD in der Musik. In der Fotografie dürfte die Sache, nimmt man Beckers großformatige Ergebnisse, entschieden für die analoge Bildtechnik ausgehen.
Da ist aber nicht nur Dickicht, sondern auch das, was übrig bleibt, nachdem der Mensch, die Wirtschaft eingegriffen hat. Wüste bleibt am Ende. Die geknickten oder windschiefen Bäume am Rand einer brutal in die Landschaft eingeschnittenen Forststraße, eines künstlich angelegten schnurgeraden Kanals bieten ein tristes Bild. Ist es trostreich, wenn die üppige Vegetation am Ende wieder von isoliert dastehenden, entasteten Baumstämmen Besitz ergreift?
Das dokumentiert Olaf Otto Becker technisch genau so pingelig wie den Natur-Zustand. Und er setzt als Drittes noch eins drauf: die künstliche Natur-Welt, die sich Menschen etwa in Naturgärten machen. Die Fotografie führt den norddeutschen Künstler vielleicht zwangsläufig auch zum Video: Ein Tableau von sechzehn Monitoren zeigt uns wie in Zeitlupe einen Tausendfüßler aus Borneo. Nein, es ist keine Schnecke, das Tier rollt sich zum eigenen Schutz ein. Natur kann ein grandioser Selbstdarsteller sein, wenn ein Bild-Künstler mithilft…
Im Obergeschoß der Galerie zeigt der junge Österreicher Clemens Wolf bildnerische Statements zur Atomenergie. INES, so der Titel der mystisch-düsteren, feuerfarbenen Werkfolge, steht für „International Nuclear Event Scale“, eine Messgröße nuklearer Prozesse. Fotos vom Reaktor Zwentendorf, dieser atomaren Industrie-Leiche, stecken dahinter. Computer-Bearbeitung, Schablonen- und Sprühtechnik und schließlich Ölmalerei; im Formalen verfremdende Rasterungen, geometrische Abstraktionen – und doch ein Schuss phantastischer Realismus, wenn man es so salopp sagen will.