Lachen erlaubt, Wundern programmiert
GALERIE ALTNÖDER / CHRISTIAN EISENBERGER
14/11/12 Der Stich war ein Volltreffer, in die weiße Galeriewand hinein. Aber es war nicht so, dass Christian Eisenberger seiner Aggression freien Lauf gelassen hätte: Das in die Wand gerammte Messer dient nur dazu, eine Klopapierrolle zu tragen…
Von Reinhard Kriechbaum
Ein paar Tage lang hat der wilde Hund aus der Steiermark (Jahrgang 1978) im Altnöder’schen Galerieraum in der Sigmund-Haffner-Gasse tun und lassen können, was er wollte. Er hat natürlich nicht gelassen, sondern getan. Zum Beispiel Nägel quer in den Verputz geklopft. Oder ein ganzes Heimwerker-Gerätesortiment in die Lichtleiste an der Decke geklemmt. Aber das wird gar nicht allen Galeriebesuchern auffallen, weil es gibt ja genug Verblüffendes an den Wänden zu sehen, oder am Boden: Da steh en drei Kettensägen – eben mit der Kettensäge roh aus Baumstämmen geschnittene Objekte. Ein Werkzeug bildet sich selbst ab!
Tannennadeln sind Christian Eisenberger wohl auch untergekommen bei der Holzsuche. Ein paar Schaufeln davon hat er über eine eiserne Werkzeugbox geschüttet, aus dieser eigenwilligen Landschafts-Skulptur lugen noch eine Säckchen mit Schrauben. „Mir geht es um Verblüffung“, sagt Christian Eisenberger. Und die gelingt ihm. Verblüfft hat er schon in seinen frühen Schaffensjahren, als er mit anonymen Interventionen im öffentlichen Raum in Erscheinung trat. Che Guevara, Mahatma Ghandi, Osama Bin Laden oder Philosophen als Pappkameraden an Brückengeländern oder Verkehrszeichen-Stangen, in Peking, Paris, Wien, Basel, London und in Salzburg. Tausende solche Figuren hat er verteilt.
Um Haltbarkeit der Kunstwerke ging es Eisenberger schon damals nicht. Auch von den Installationen, wie sie jetzt (nur noch wenige Tage!) in der Galerie Altnöder zu sehen sind, kann man manche kaum einfach so kaufen und mit nach Hause nehmen. Sie sind ja am Ort und für den Ort gemacht. Sie irritieren, verstören und erheitern hier und jetzt. Ja freilich, lachen muss man auch. Nicht nur über den kleinen, länglichen Betonblock, in den Rehpfoten eingegossen sind. Eine Art Dackel-Wolpertinger also.
Durch die Medien ging Eisenbergers Aktion als Clown mit Sprengstoffattrappen im Dezember 2008 im Londoner Bankenviertel. Sie führte zu seiner Verhaftung durch acht Polizisten. Wer weiß, wie Salzbürger reagierten, ließe man Christian Eisenberger im öffentlichen Raum fuhrwerken.
Manche Arbeit entfaltet Poesie, etwa ein im Stil der jungen Wilden gemaltes Porträt, vor dem, luftig an einem Metall-Kleiderbügel befestigt, eine voluminös-leichte Kugel aus silbrigen Spänen von einer Metalldrehbank baumeln. Oder in einer Ecke zwei kleinere Granit-Quader, die ausgewickelte Kochschokolade zu pressen scheinen. Ein Kreuz aus Mausefallen hat etwas Martialisches und lässt einen breiten Interpretationsspielraum zum Thema Religion. Auch vor den im Detail erstaunlich raffinierten Collagen kommt man unwillkürlich ins Überlegen, ob die Botschaften womöglich viel weniger heiter sind als die erste, verspielte Anmutung dieser Bildwerke. Aber generell gilt eher: Lachen erlaubt. Nicht zuletzt, weil Eisenberger wohl an keiner Mülltonne vorbei gehen kann, ohne Material für seine Kunst zu finden.