Schauen und Salzburg malen
NEUHAUSER KUNSTMÜHLE / SALZBURG IN NEUEN ANSICHTEN
13/11/12 Die Würfelzucker-Stücke haben ihren Platz gefunden und ergeben, wenn man nur ein wenig guten Willen und Abstraktionsvermögen mitbringt, eine pixelige Salzburg-Silhouette. Die gebürtige Litauerin Patricija Gilyte ist eine, die zur Schau „Salzburg in neuen Ansichten“ in der Neuhauser Kunstmühle beigetragen hat.
Von Reinhard Kriechbaum
Ein Wettbewerb stand dahinter: Sechs Künstlerinnen und Künstler bekamen jeweils ein Stipendium von 3.000 Euro aus dem Kulturfonds der Salzburger Sparkasse. Nikolaus Topic von der Neuhauser Kunstmühle hat eine solche Künstler-Konkurrenz zum vierten Mal ausgeschrieben. Im September bezogen die Schaffenden Ateliers auf der Festung – dort, wo sich sonst die Kollegen der Internationalen Sommerakademie inspirieren lassen.
Die Koreanerin Hae-Ryun Jeong hatte in Wirklichkeit keinen so weiten Weg, sie lebt und arbeitet in deutschland, so wie auch Alexandra Medilanski sympathisieret mit der Primamalerei, sprich: Da wird nicht lange retuschiert, sondern der unmittelbare Augenblick mit frischer Farbe eingefangen.
Wie nähert man sich zeitgemäß einem Stadt-Bild an? Niemand setzt heutzutage mehr auf Abstraktion um jeden Preis, schon gar nicht, wenn im Hintergrund ja doch die Vedute als historisch mehr oder weniger vorbelastete kunstgeschichtliche Gattung schwebt. Patricija Gilyte, die Salzburg übrigens wie ihre Westentasche kennt, ist mit ihren Würfelzucker-Pixeln im Grenzbereich zwischen Malerei und Relief schon vergleichsweise weit weg von der Wirklichkeit.
In einem der Bilder schaut eine Frau vom Festungsberg über die Altstadt. Dem Betrachter wendet sie den Rücken zu, führt ihn hin zum Motiv. Auf solche Tricks verstanden sich schon die Meister der Romantik um Caspar David Friedrich. Anregend eine Arbeit, bei der ein Biedermeierporträt gekreuzt scheint mit den Tiroler Schleichern. Diese Faschingsfiguren aus dem Ort Telfs sind bekannt dafür, dass sie großen Kopfputz tragen, Modelle von Häusern und dergleichen. Auf einer Zeichnung trägt eine puppenhaft wirkende Dame den Salzburger Dom im Haar!
Einen aufschlussreichen Blick auf Salzburg, im Wortsinn eine Perspektive „durch die Kunst“ hat der Deutsche Jürgen Durner aufgerissen. Ihm sind die Glas-Schrift-Skulpturen von Brigitte Kowanz an den Staatsbrückenköpfen als besonders signifikante Kunst im öffentlichen Raum aufgefallen. Der Blick durch diese Spiegel-Kuben mit ihren neonleuchtenden Buchstaben auf die Häuser am Kai hat ihn angeregt zu Gemälden, die den Spiegel- und Transparenzeffekt im nächtlichen Lichtmix stimmungsvoll einfangen.
Die Russin Ekaterina Smirnova spielt auch mit dem Licht, genauer gesagt: mit der Nebelsuppe. Fast symbolistisch lastend mutet ihr Bild von der Festung an, ein Gemälde auf Papier übrigens. Ekaterina Smirnova ist eine Schülerin von Paul Ching-Bor, der sich 2001 selbst am Wettbewerb beteiligt hat und damals auch prompt gewählt wurde als Künstler für „Salzburg in neuen Ansichten“. Arbeiten von ihm und anderen Teilnehmern der ersten drei Durchgänge waren im Frühjahr im Salzburg Museum zu sehen.
Mit der Natur hält es Katharina Siegel: Ihr Ausdrucksmittel ist die feine zeichnerische Struktur, mit der sie alltägliche Situationen ihrer unmittelbaren Umgebung, vor allem Natur und Landschaft, in zart strukturierten Blättern einfängt.
Es gab keinen Mangel an Interessenten: vierhundert Künstlerinnen und Künstler haben am Wettbewerb teilgenommen.