Feine kleine Elefanten
SOMMERAKADEMIE FÜR BILDENDE KUNST / TAG DER OFFENEN TÜR
22/08/12 Afrika als Handgranate. Afrika als pulsierendes Herz, Afrika als abstraktes Gebilde, in dem nur die Erdölvorkommen konkret sind: Wir befinden auf der Festung in der Malereiklasse von Hanspeter Hofmann: „Das sind Arbeiten von einem überaus begabten Künstler, einem jungen Salzburger Künstler.“
Von Heidemarie Klabacher
Lukas Pascher heißt der überaus begabte junge Salzburger Künstler. Er besucht mit Kolleginnen und Kollegen aus aller Welt seit 6. August die Malereiklasse mit dem knackigen Titel „How to paint“. Die Malereiklassen „boomen“ auf der Sommerakademie besonders, erzählt die Leiterin Hildegund Amanshauser. Der Blick in die gerade entstehenden Ausstellungen ist anregend. Ganze neuronale Netzwerke scheinen sich in der Hofmann-Klasse über mehrere Laufmeter Leinwand zu ziehen. Darmschlingen desgleichen. Er habe seinen Schülerinnen und Schülern drei Aufgaben gestellt, erzählt der Künstler Hanspeter Hofmann: „Etwas aus dem Bereich Strukturen“ war eine davon. Ob Stadtplan oder Rückenmark sei ihm, so Hofmann, egal gewesen.
Die durchwegs großformatigen Ergebnisse sind handwerklich überaus reizvoll. Das zweite Thema – Affen – hat ebenfalls stattliche Ergebnisse gezeitigt. Nicht nur der Lehrer, auch der Besucher, ist hingerissen von einer „Farbstudie“: Ein Künstler hat aus einem Buch aus dicken Blättern quasi umgekehrte Pyramiden herausgeschnitten, die Ränder jeweils bemalt – und die winzigen Teile auf einem Tisch daneben zu kleinen Stufenpyramiden – Spitz nach oben wieder - aufeinandergestapelt. Klein, fein, äußerst subtil.
Von ganz besonderer Qualität sind die Arbeiten, die in der Klasse von Leya Mira Brander entstanden sind: In jeder namhaften Galerie würde man sich staunend über die technisch und inhaltlich hoch qualitativen Druckgrafiken beugen. Es ist aber nicht nur „Flachware“ entstanden! Die Studentinnen und Studenten haben die selbst entworfenen und angefertigten Kupferstiche anschließend in 3D-Bücher oder Guckkastenbilder verwandelt. Solche Pop-Up-Bücher kennt und liebt jedes Kind: ein Büchlein, etwa in Form eines Hauses oder Stalles - öffnet man Fenster und Türen, blickt man auf Schafe und Kälbchen, klappt man ein Blatt nach oben, stellt sich eine Pferdetränke oder ein Gatter auf…
Genau das haben die Teilnehmer des Kurses „Zwischen Radierung und Plastik“ unter der Leitung der brasilianischen Künstlerin Leya Mira Brander gemacht. Tatsächlich sind viele Tier- und sogar Stall-Motive dabei. Nur sind es eben keine bunten Zeichnungen auf kinderfestem Hochglanzkarton, sondern subtile Radierungen. Kleine feine Elefanten, feinsäuberlich ausgeschnitten, liegen aufgereiht und abmarschbereit auf einem der Arbeitstische. Daneben stehen Fernsehapparate aus Karton, die feinste Druckgrafik auf dem Bildschirm haben. Aber der Hit sind dennoch die Pop-Up-Bücher.
Insgesamt 310 Teilnehmer besuchten bei der 59. Internationalen Sommerakademie für Bildende Kunst insgesamt 22 ein- bis vierwöchige Kurse, gut die Hälfte der Teilnehmerinnen und Teilnehmer war heuer unter dreißig Jahre alt, das Durchschnittsalter sei somit deutlich gesenkt, der Professionalisierungsgrad deutlich erhöht worden, berichtet Hildegund Amanshauser. 52 Veranstaltungen zum Thema „Atelier“ sind von 5100 Interessierten besucht worden.
Nächstes Jahr feiert die Sommerakademie (von 22. Juli bis 31. August) ihr 60jähriges Bestehen. Dazu wird im Juli 2013 eine Publikation im Verlag Jung und Jung erscheinen: Martin Fritz erforscht die Geschichte der Sommerakademie. Die Publikation wird auch ein fiktives Interview mit Oskar Kokoschka beinhalten, das anhand von Zitaten aus Briefen, Reden und Tagebüchern die Geschichte und Intention der „Schule des Sehens“ nachzeichnet. Auch ein Symposion wird es geben. Die Sommerakademie selber werde aus diesem Anlass aber keineswegs expandieren, betont Hildegund Amanshauser.