Bestens frisiert
GALERIE MAURONER / BERTRAM HASENAUER
15/12/11 „Da geschah es sehr langsam / dass Gott sie allmählich vergaß: / erst ihr Gesicht, dann die Hände / und zuletzt erst ihr Haar“: Die blassen Damen und Herren auf den Leinwänden von Bertram Hasenauer scheinen die Zeilen aus Brechts „Berliner Requiem“ zu bestätigen.
Von Reinhard Kriechbaum
Bei Brecht vergisst Gott auf eine junge Frau, die ins Wasser gegangen ist. Die Figuren von Bertram Hasenauer scheinen aber noch zu Lebzeiten abhanden zu kommen - vielleicht sich selbst, vielleicht auch nur dem Betrachter. Aber die Brecht’sche Reihenfolge stimmt: Das Gesicht ist beinahe weg (bis auf die Augen), Hände zeigen die gemalten Bruststücke sowieso nicht. Aber die Haare! Alle sind ordentlich, ja: geradezu pedantisch gekämmt, Haar strähne liegt neben Haarsträhne.
Wirken Bertram Hasenauers Figuren also auch wie abwesend, wie übrig gebliebene Schemen: Sie haben immer noch so viel Erdhaftung, dass sie auf die Haarbürste nicht vergessen. Und sie schauen, wie man volkstümlich so schön sagt, „käferlicht“ drein: Auf die Ausarbeitung der Augen, der Pupillen, auf die Richtung des Blicks verwendet der Maler die allergrößte Aufmerksamkeit.
Für Ausstellungskuratoren sind diese Figuren wie geschaffen, es lässt sich wundersam nebulos drüber fabulieren: „Eingesponnen in einen unsichtbaren Kokon harren sie für einen Augenblick der Veränderung, nicht ohne das Eine und das Andere, das Neue und das Alte, das Männliche und das Weibliche, die Puppe und den Menschen schon immer in sich getragen zu haben.“ So Margit Zuckriegl vom Museum der Moderne, wo Hasenauer im Vorjahr ausstellte. Jetzt präsentiert ihn die Galerie Mauroner in der Residenz, und das hat einen aktuellen Grund: Erst kürzlich hat der 1970 in Saalfelden geborene Künstler den Großen Kunstpreis des Landes entgegen genommen.
Eingereicht hat Hasenauer dafür jenes Gemälde, das ein und dieselbe Figur gleich fünf Mal zeigt: Die im Kreis stehenden jungen Herren scheinen „stumm in eine Gespräch vertieft“ zu sein und dabei irgendwie haarscharf aneinander vorbeizuschauen. Ob von dieser geheimnisvollen Teamsitzung konkrete Ergebnisse zu erwarten sind?
Es gibt Doppel- und Spiegelporträts, manchmal unterscheiden sich die Figuren nur in der (blassen) Farbe des Gewands. Einprägsam: eine Frau in Rückansicht. Sie wirkt wie das Endziel aller Hasenauer’schen Menschen-Bildnisse, nur noch der Wurf der glatten, blonden Haarmähne über den blauen Pullover. Es ist nur noch die Idee von Mensch, in die Hülle bringt der Bildbetrachter seine Vorstellung von Wesen und Charakter ein.