Im mikroskopischen Blick
KARL-WEISER-PREIS / KAREN MACAW
13/12/11 Man bekommt mächtig Respekt vor einem Quadratmillimeter Haut, einem Stück Ohrläppchen, oder auch von einem Pflanzenblatt. Karen Macaw, die 21. Trägerin des Karl-Weiser-Preises, macht sich auf die Suche nach dem Mikro-Wesen der Welt. - Karl Weiser wäre übrigens heuer hundert Jahre alt geworden.
Von Reinhard Kriechbaum
Was die Welt im Innersten zusammenhält? Das interessiert Karen Macaw brennend. Mit genauen Blicken aufs Kleine, aufs Allerkleinste versucht sie dieses Geheimnis zu ergründen. Zum Beispiel mit dem Fotoapparat, wofür ihr freilich normale Linsen nicht ausreichen. Die Haut hat es ihr besonders angetan, die Poren, der Ansatz von Haaren. Um solche Detailaufnahmen wäre mancher Derma-Student glücklich.
Aber Karen Macaw ist nicht auf naturwissenschaftliche Erkenntnis aus, und auf medizinische Dokumentation schon gar nicht. Sie forscht eher nach Ähnlichkeiten und Zusammenhängen in den Mikrostrukturen. Tatsächlich verblüffend: Manchmal muss man zwei Mal hinschauen, um beurteilen zu können, ob das jeweilige Objekt menschlichen oder floralen Ursprungs ist. Menschen wie Pflanzen bieten, in Mikroskop-Auflösung betrachtet, erstaunlich bizarre Formen.
Auch wenn Caren Macaw zu Tuschfeder greift oder wenn sie Objekte formt, zeigt sich ihr Sinn fürs Allerkleinste. Da hat sie zum Beispiel in Schälchen filigrane Papierarbeiten gelegt. Oder sie zeigt auf schwarzen Naturpapier-Blättern ganz feine Spiralgebilde, die gleichsam in Serie Grundmuster abwandeln.
Bei der Berufsvereinigung Bildender Künstler, wo der Karl-Weiser-Preisträgerin 2011 eine Personalausstellung gewidmet ist, verweist man auch darauf, wie stark und selbstlos sich die gebürtige Neuseeländerin in dieser Institution engagiert. Auch das würdigt man mit dem Preis.
Die Schau anlässlich der Vergabe der Auszeichnung in der Berchtoldvilla nutzt man zu der Gelegenheit stets auch, um in einem Raum an den Künstler zu erinnern, der dem Preis den Namen gegeben hat. Irgendwo im Nachlass scheinen sich dafür immer wieder ein paar unverkäufliche Blätter zu finden. Aber gerade heuer, zum 100. Geburtstag von Karl Weiser (1911-1988), verbietet die Pietät, mit dem erzkatholischen Eklektiker (der als solcher verdächtig gut nach Salzburg passte) allzu hart ins Gericht zu gehen. In seinen letzten Lebensjahren hat er „Fernsehporträts“ gezeichnet, Mutter Teresa, Josef Ratzinger und sogar den Dalai Lama. Weisers allerletztes Bild ist auch zu sehen, ein buntes Blumenstück, das er seiner Frau Martha zum Verlobungstag widmete.