Die Wahl der Mittel ist so bunt wie nur
REPORTAGE / SOMMERAKADEMIE FÜR BILDENDE KUNST
02/08/11 In einem Raum sind die leisen Schnipsler am Werk, eine jede und ein jeder in sich versunken. In einem anderen hat sich eine Schar junger Leute um einen Tisch versammelt zur anregenden Diskussion. Und in einem dritten ist gerade das Aktzeichnen dran, drum sind Besucher unerwünscht.
Von Reinhard Kriechbaum
Gegen Ende der ersten Kursperiode an der Internationalen Sommerakademie für Bildende Kunst hat Hildegund Amanshauser Journalisten zum Rundgang durch die Ateliers auf der Festung eingeladen. Was sofort auffällt, und was sehr spontan ein Bild von der Arbeit hier vermittelt: Keiner der Lehrenden hält offenbar die Kursteilnehmer dazu an, seinen Stil, seine Herangehensweise zu kopieren. „Mein Kurs ist nicht auf ein spezielles Medium abgestimmt“, sagt Jitish Kallat, ein Inder aus Mumbai. So wie er sich selbst der Malerei und der Bildhauerei, der Fotografie und der Installation bedient, haben auch seine Studenten quasi freie Bahn. Zu seinem „Of Course“ konnten die Teilnehmer einfach „bevorzugte Materialien“ mitbringen. Es ist übrigens seit langem wieder ein Kurs, der nur eine Woche dauert.
Der Regelfall sind ja drei Wochen, am kommenden Freitag (5.8.) können sich Interessierte auf der Festung und in Hallein (Pernerinsel) ein Bild machen, was in dieser Zeit zustande gekommen ist. In der Klasse von dem Serben Mladen Stilinovic war die erste Woche der Collage gewidmet, in der zweiten ging es um Readymades und jetzt, zum Abschluss, sollen Künstlerbücher entstehen: „Reflexionen über Kunst und Nichtkunst“. Auf einer Serie von Blättern ist der Blick von der Festung hinunter auf den Kapitelplatz festgehalten. Die Balkenhol-Skulptur ist wegretouchiert, dafür landet gerade eine güldene Weltkugel wie ein Komet. Auf einer anderen dieser surrealen Veduten findet sich anstelle des großen Schachspiels eine Waschmaschine. „Wie wichtig oder unwichtig Produktion, Geschwindigkeit und Faulheit in der Kunst sind“, war in dieser Klasse eine Fragestellung.
Faulheit ist aber kein Charakteristikum für den Betrieb auf der Sommerakademie, im Gegenteil: Typische Teilnehmer, so erklärt die Leiterin Hildegund Amanshauser, seien „Junge Leute, die vermeintlich an einem Endpunkt sind, denen sich die Frage einer kreativen Krise“ stelle. Hier hätten sie die von vielen das erste Mal erlebte) Möglichkeit, „im geschützten Raum ein Stück Weg zu gehen und wirklich drei Wochen konzentriert zu arbeiten“.
Der Schwede Matts Leiderstam hat in seiner Klasse, die der Landschaft gilt, ein buntes Grüppchen beisammen, „vom Sonntagsmaler bis zum Kunststudenten“. Auch diese Blicke aufeinander ist ein Charakteristikum der Sommerakademie, denn – so Hildegund Amanshauser – „es ist ein Unterschied, ob jemand ab und zu Kunst macht oder sein Leben mit ihr verbringt“. Das Niveau zu heben, trotzdem die Option auf einen niederschwelligen Zugang nicht zu verlieren – das sei eine der Herausforderungen.
Maria Lind (Schweden) hat eine auffallend homogen-junge, intellektuell wirkende Gruppe um sich. Sie leitet die Klasse „Geschichte und Praxis des Kuratierens“. So etwas wird zum ersten Mal angeboten, die Nachfrage war verblüffend: „Jeden zweiten mussten wir leider abweisen“, sagt Hildegund Amanshauser. Das Gestalten von Ausstellungen, das Auswählen von Künstlern ist offenbar ein Thema, das vielen unter den Fingern brennt.
Maria Lind war eine jener Kursleiterinnen, die dieser Tage am „Globalkunstsymposion“ der Sommerakademie teilgenommen haben. Sie war überrascht, dass gut die Hälfte der 160 Teilnehmerinnen und Teilnehmer sich nicht aus den Reihen der Kursbesucher und Dozenten rekrutierte, sonder viele Leute eigens angereist seien. Unter „Globalkunst“, so ein Ergebnis, sei kein verbindender Stil zu verstehen, sondern ein Zustand des schnellen Austauschs, der Vernetzung. Internet ist da nur ein Stichwort.
Senam Okudzeto wühlt in dicken Stapeln von Papier, um das eine oder andere Blatt ihrer Schützlinge herzuzeigen. Die in Chicago geborene dunkelhäutige Künstlerin hält einen Kurs für „Konzeptuelles Zeichnen“, aber das will nicht heißen, dass die Kursteilnehmer ausschließlich zum Graphit- oder Kreidestift greifen. Gerade in diesem Kurs, in dem ein abstrahierender Blick vermittelt werden soll, scheint es besonders bunt und kreativ zuzugehen. Manche Rauminstallation entsteht und man wird neugierig, wie diese Räume am Freitag Nachmittag aussehen werden.