asdf
 

Schöne Leiche mit Tatoo

MdM MÖNCHSBERG / ROBERT WILSON

15/07/11 Es könnte schon sein dass einem das Porträt von Johnny Depp irgendwie bekannt vorkommt: Man Ray hat 1921 Marcel Duchamps Travestie „Rrose Sélavy“ fotografiert. Der Amerikaner Robert Wilson nutzt das Motiv, um darin den Schauspieler Johnny Depp zu "inszenieren".

Von Reinhard Kriechbaum

Es gehört schon eine gewisse Lust am Spiel mit dem eigenen Ego dazu, um mit Robert Wilson zusammen zu arbeiten, sich von ihm porträtieren zu lassen. Robert Downey Jr. hat so gar nichts mehr vom "Iron Man", wie er da liegt. Ein geheimnisvoller Chirurg, von dem man nur die Hand mit der Schere sieht, ist gerade dabei, die Muskeln des linken Arms bloß zu legen. Kunsthistorisch informierte Betrachter kennen das Vorbild. Wilsons Arbeit ist eine Paraphrase auf Rembrandts Gemälde „Anatomie des Dr. Nicolaes Tulp“ von 1632. Ein Tatoo, wie es Robert Downey Jr. Am rechten Oberarm trägt, hätte bei Rembrandt freilich nichts verloren.

Da fällt einem natürlich auch ein, dass Robert Wilson in den neunziger Jahren mehrmals bei den Salzburger Festspielen gearbeitet hat: 1998 hat er Büchners "Dantons Tod" inszeniert, im Jahr zuvor Debussys Oper "Pelleas et Melisande". Fast schon legendär 1995 im Großen Festspielhaus Schönbergs "Erwartung": Die steinerne Bank, auf der damals Jessye Norman auf der Bühne des Großen Festspielhauses saß, steht dort seither im Foyer.

Wenn Robert Wilson über seine Videoporträts spricht, dann erzählt er zunächst von seinem Wunsch, ästhetische und geistige Räume zu gestalten. Geprägt von einer intensiven Bild- und Tonsprache, haben Wilsons „Darsteller“ eine überraschend sinnliche Präsenz. Sechzehn dieser poetischen Arbeiten sind jetzt im MdM Mönchsberg zu sehen. Sie zeigen theatralische Inszenierungen von Hollywoodstars und Persönlichkeiten wie Farah Diba, Robert Downey Jr., Marianne Faithfull, Johnny Depp, Jeanne Moreau und Dita von Teese, aber auch von Tieren und unbekannten Personen.

Bewegung, Gestik, Make-up, Kostüm, Kulisse, Lichteinsatz, ebenso wie die Stile der Hoch- und Popkultur, die klassischen wie neuen Medien: Malerei, Design, Musik, Oper, Tanz, Theater, Fotografie, Fernsehen, Film etc. treffen in Wilsons Videoporträts zusammen. Die dargestellten Persönlichkeiten verweisen dabei teils auf eigene biografische Details, teils auf kulturgeschichtliche Quellen. Untermalt werden diese Tableaux teils mit von Wilson selbst gesprochenen Texten und Musik bedeutender Komponisten (u.a. Johann Sebastian Bach, Ludwig van Beethoven, Raymond Scott, Tom Waits). "In der Geschichte der Porträtmalerei und des fotografischen Porträts stellen seine Videoporträts eine Weiterentwicklung dar, die wegweisend ist", so der Kurator der Schau, Peter Weibel.

Die Schau "Robert Wilson / Video Portraits" ist bis 6. Oktober im Museum der Moderne Mönchsberg zu sehen. - www.museumdermoderne.at
Bilder: MdM

 

DrehPunktKultur - Die Salzburger Kulturzeitung im Internet ©2014