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Ein Hardliner in der harten, freien Natur

GALERIE RUZICSKA / OLAF OTTO BECKER

10/10/10 Das grönländische Eis ist auch nicht mehr das, was es einmal war. Die globale Erwärmung gibt moränen-artige Gestade frei. Das mag nicht so charmant aussehen wie blütenweiße Eisberge pur. Für den Landschafts-Fotografen ist es allemal eine lohnende Gegend.

Von Reinhard Kriechbaum

In diese Region des kargen Überlebens hat sich der Deutsche Olaf Otto Becker verliebt. Meeresküstenmäßig vorbelastet ist wohl einer wie er, der in Travemünde zur Welt gekommen ist (1959). Zwischen 2003 und 2006 war Becker öfters in Grönland unterwegs, allein im Schlauchboot. Angeblich ist er viertausend Kilometer Küste auf diese Weise abgefahren, eine "Broken Line", wie er seine Grönland-Fotoserie betitelt.

Vielleicht werden Olaf Otto Beckers Aufnahmen dereinst für Naturschützer oder -retter wichtig. Die geographischen Koordinaten sind nämlich zugleich Titel der Fotos. Es wäre also ein Leichtes, nach einigen Jahren oder Jahrzehnten die gleichen Orte aufzusuchen und Veränderungen nachzuspüren.

Aber das interessiert in einer Kunstgalerie natürlich weniger. Da ist viel eher der Aspekt von Belang, dass Olaf Otto Becker sich selbst als einen Landschaftsmaler mit anderen Mitteln sieht. Er dokumentiert nicht, sondern sucht und findet in der Küstenlandschaft Lichteffekte und naturgeformte Auffälligkeiten. Das Braun des Ufers in der frühmorgendlichen oder spätabendlichen Sonne, die Weißtöne von Eisbergwänden oder von abschmelzendem Eis-Bruch: Da bringt Mutter Natur schon mal Effekte zusammen, wie sie einem Romantiker mit Pinsel und Palette nicht imponierender eingefallen wären: „Die Bilder begegnen mir“, erläutert der Fotograf, der ursprünglich Malerei studiert hatte, „aber ich bereite vor, dass sie mir begegnen.“ Sprich Olaf Otto Becker sucht nach den rechten Blickwinkeln, und er scheint mit dem Schlauchboot manch zusätzliche Ruderschläge einzulegen, um nur ja wirklich einprägsame Ansichten aufzustöbern.

Die Ruhe, das Aus-der-Zeit-Rücken ist natürlich ein latentes Thema. Und da ist es mehr als folgerichtig, dass der Künstler auf die scheinbaren Segnungen der digitalen Gegenwart gerne verzichtet. Becker arbeitet mit einer großformatigen, analogen Plattenkamera mit Negativen im Format 8×10 Inches (20×25 cm). Das Großformat erlaubt sehr präzise Farbvaleurs auch bei ansehnlichen Vergrößerungen im Format 150×180 cm. Gelegenheit, die spezifischen Lichtvaleurs zu studieren und einzufangen hat man wohl, wenn man mit dem Schlauchboot unterwegs ist.

Die Schau mit Olaf Otto Beckers Arbeiten bei Ruzicska in der Faistauergasse ist seine erste Personale in Österreich. Im Verlag Hatje Cantz ist eine Publikation zu „Broken Line“ erschienen. Es verwundert keineswegs, dass sie mit dem Deutschen Fotobuchpreis 2008 ausgezeichnet wurde: Irgendwie möchte man beim Betrachten dieser neo-romantischen fotografischen Landschaftstableaus gleich selbst das Schlauchboot aufpusten und in See stechen.

Bis 6. November in der Galerie Ruzicska - www.ruzicska.com
Bilder: www.ruzicska.com

 

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