Galerie statt Rumpelkammer-Keller
KÜNSTLERHAUS / "JAHRHUNDERTAUSSTELLUNG" /
TAG DER OFFENEN TÜR
10/09/10 Die durchschnittliche Passantin? "Sie oder er mag Kunst und erkennt das Künstlerhaus, wenn er oder sie vor direkt vor dem Haus steht, war aber noch nie drin." So die Künstlergruppe "gold extra" über ein Projekt zur "Jahrhundertausstellung" im Salzburger Künstlerhaus. Morgen, Samstag (11.9.) ist Tag der offenen Tür.
Die Leute von "gold extra" haben eine Stunde (von hundert Jahren Geschichte) vor dem Künstlerhaus protokolliert: heuer, am 27. August, zwischen 13 bis 14 Uhr. 42 Leute sind ihnen untergekommen, 34 Interviews sind zustande gekommen. "Acht Plakate und acht Lautsprecher mit O-Tönen beschreiben den durchschnittlichen Interviewpartner". Was die Leute so über Kunst denken? Sie "finden nordkoreanische Kunst, Hofmaler und Kaisergelb mit grünen Blenden gut." Und bekannte Künstler sind für sie "Max Reinhardt, Clemens Holzmeister, Peter Handke und Weißichgradnicht".
So weit "gold extra", deren Raum-Installation "60 Minutes of Frame" in der "Jahrhundertausstellung" im Künstlerhaus zu sehen ist, gemeinsam mit Arbeiten von Gunda Gruber, Peter Haas, ohnetitel, Hans Pollhammer, Annelies Senfter und Severin Weiser.
Der Ort ist neu im Haus: Im Rahmen der Renovierung und des Umbaus des Künstlerhauses wurde nämlich der ursprüngliche Ring-Gang im Erdgeschoß - also im Stockwerk unter der Ringgalerie, die den großen Saal umgibt - wieder von allen störenden Einbauten befreit. Man kann nun wieder herumgehen. Der abschreckende Keller-Charme ist weg. "Dieser neu gewonnene Raum soll in Zukunft als Ausstellungsdisplay zur Verfügung stehen und umfassend genutzt werden", erklärt Hemma Schmutz. Galerie statt Rumpelkammer-Keller. Man kann ohne weiteres riskieren, salzachseitig ins Haus "einzusteigen".
Nicht nur die - gewöhnungsbedürftige - Künstlerhaus-Fassade ist also neu. Das intensive Dunkelrot hat ja schon manchen verwunderten Blick, wenn nicht Schreckensschrei ausgelöst bei Leuten, die das erste Mal nach dem Ausgerüsten im Frühjahr am Künstlerhaus vorbeigekommen sind. Aber, so heißt es, dies sei der Originalzustand. Die Dekorteile an der Fassade seien farblich nicht abgehoben gewesen. Ob freilich jeder Originalzustand wirklich Sinn macht, bleibe dahingestellt.
Der Farbklecks am oberen Ende der Alpenstraße hat natürlich auch die Künstler zu Statements herausgefordert, etwa Peter Haas. Er weist mit Vorhängen und anderem darauf hinweist, dass auch der Kunstbetrieb seine "Fassaden" hat - und dass ein Blick dahinter nötig, aber nicht immer ganz leicht ist. Sogar die Theatergruppe "ohnetitel" (die im Künstlerhaus ihr Domizil hat) beteiligt sich: Die Besucher werden eingeladen sein, an die Wand geklebten Ausschneidebögen des Künstlerhauses selbst anzufärbeln. Annelies Senfter regt dazu an, über die Geschichte des Hauses und des Kunstvereins nachzudenken. Sie hat für ihre Serie "Erinnern heißt vergessen" acht Künstlerhausplakate überarbeitet, "Was wird in den Archiven aufbewahrt? Wer entscheidet es? Vermittelt das Archiv wirklich ein Bild davon, was/wer/wie das Künstlerhaus ist? Niemals kann alles aufbewahrt werden. Erinnern heißt auch vergessen." Senfter hat also einzelne Motive aus den Plakaten ausgeblendet und durch Codes ersetzt.
Morgen, Samstag (11.9.) - beim Tag der offenen Tür - ist eine gute Gelegenheit, abzutauchen in diese aktuelle "Jahrhundertschau" in der neuen Parterre-Ringgalerie. Natürlich stehen auch wieder die meisten Ateliers offen und es präsentieren sich die hier tätigen Organisationen (von den ArtGenossen bis zur Initiative Architektur).