Alles da für Wolpertinger!
REPORTAGE / SOMMERAKADEMIE FÜR BILDENDE KUNST (2)
19/08/10 Auf einem Fauteuil sind - echt malerisch - einige ausgestopfte Vögel drapiert. Daneben steht ein ausgestopftes Murmeltier. Eine ältere Dame hat sich von ihm offenbar täglich grüßen und inspirieren lassen. Sichtlich zufrieden betrachtet sie das Ergebnis auf der Staffelei.
Von Reinhard Kriechbaum
Wir sind nicht in einem Entwurfsstudio für Wolpertinger, sondern in der Klasse von Ulrica Lundberg auf der Internationalen Sommerakademie für Bildende Kunst. "Ein ganz klassischer Malkurs", erklärt Sommerakademie-Leiterin Hildegund Amanshauser. Alle möglichen Utensilien für ein Stillleben stehen und liegen also da. Der präparierte Wolfskopf auf einer grünen Schuhmatte wirkt nicht unkomisch. In den vergangenen Tagen ging es ums lebende Objekt: Die Aktzeichnungen und -malereien hängen ringsum an den Wänden.
Ihr sei es, erklärt Amanshauser, ein großes Anliegen, dass die Kursteilnehmer auch technische Fertigkeiten vermittelt bekommen. Denn daran, so die Erfahrung der Sommerakademie-Leiterin, hapert es ganz entscheidend im Lehrangebot der Kunstakademien. Amanshauser zeigt auf ein eigenartiges großformatiges Innenraumbild, das an der Wand hängt: "Das haben die Teilnehmer der Klasse von Lucy McKenzie vor zwei Wochen gemeinsam gemacht." Dort haben die Leute gelernt, wie man eine Holz-Maserung malerisch in den Griff bekommt, wie Marmorieren geht. Tatsächlich: Wo lernt ein Kunststudent das - viel eher wird er mit Medienkunst und neuen Technologien konfrontiert.
Die fehlen natürlich auch auf der Sommerakademie nicht. In der Klasse von Elfie Semotan und Roberto Ohrt ist nicht nur ein kleines Fotostudio aufgebaut. Die Studenten sitzen einzeln oder in kleinen Gruppen vor dem PC. Klar, hier wird digital fotografiert und nachbearbeitet. "Es geht nicht um Modefotografie, sondern um Kunst", erklärt Elfie Semotan. Und ihr Lehrer-Kollege Roberto Ohrt: "Uns interessiert das ganze Spektrum." Schließlich gebe es gerade auch in der Modefotografie viele Berührungspunkte mit der Kunst. "Wir wollen unsere Studenten auf das Licht, den Hintergrund, die Umgebung sensibilisieren. Es hat ja alles eine Bedeutung, und der muss man sich bewusst sein."
Hildegund Amanshauser freut sich, dass immer jüngere Kursteilnehmer kommen: "Die Hälfte der Studierenden ist unter dreißig Jahre alt." Was freilich nicht heißen soll, dass nicht auch Ältere willkommen sind und sich auch einbringen können. "Bei Rebecca Morris studierte ein Chemiker aus Wien, berichtet Amanshauser. Und der habe seinen jungen Sommerakademie-Kollegen allerhand Fachspezifisches über die Farben zu erzählen gewusst. Da ist es also wieder, das Kommunikative, der Gedankenaustausch, den Amanshauser so gefördert wissen will.
In der Lounge - der ehemaligen Maschinen-Schaltzentrale in der Verdampferhalle auf der Pernerinsel - stehen viele Fauteuils herum, Kunstzeitschriften liegen auf: ein Beitrag zum kommunikativen Klima. "Wir haben in Fachzeitschriften inserieret, PR und Marketing intensiviert", erklärt Hildegund Amanshauser. "Wir wollen Leute ansprechen, denen der Kunst-Diskurs wichtig ist." Deshalb auch die Mittagsgespräche: "Da bewegt sich was." (Wird fortgesetzt)