Warhol, der Tanzfan
GALERIE ROPAC / ANDY WARHOL
01/08/10 Neben dem „Kontinent Rihm“ bietet in diesem Festspielsommer noch ein anderer Kontinent lohnenswerte Endeckungen: Die Galerie Ropac zeigt sechzig Zeichnungen von Andy Warhol aus den frühen fünfziger Jahren, als er erstmals nach New York kam und dort die Welt des Modern Dance für sich entdeckte.
Von Wolfgang Richter
In Zusammenarbeit mit der Andy Warhol Foundation sind bisher noch nie gezeigte Zeichnungen zu sehen. Dieses Highlight im Salzburger Ausstellungsreigen eröffnet Einblicke in eine bisher kaum bekannte Episode des Frühwerks. Eigens für den informativen Katalog hat Anna Kisselgoff, ehemalige Tanzkritikerin der New York Times, einen fundierten einleitenden Beitrag verfasst. Sie gibt darin einen Einblick in die Tanzszene der damaligen Zeit und beschreibt jenen Prozess, in dem Tänzer und Choreografen mit kreativen Neuschöpfungen gegen den vorherrschenden Puritanismus revoltierten und an jener Bewegung arbeiteten, die zum Modern Dance führte.
Als aufmerksamer Beobachter am Rand der Szene, der selbst Tanzkurse absolvierte, war Warhol den Protagonisten der neuen Generation freundschaftlich verbunden und erhoffte anfänglich, diesem Milieu angehören zu können. Seine Zeichnungen sind mit ziemlicher Sicherheit nicht nach dem Leben entstanden, sondern nach Fotos aus Fachzeitschriften. Sie beziehen sich auf reale Persönlichkeiten, Tänzer, Choreografen und Kritiker. Immer waren ihm jedoch die Menschen wichtiger als der Tanz. Er skizzierte keine virtuellen Aufführung der Choreografie als vielmehr die Essenz der Persönlichkeiten.
So wie Warhol als Kind Fotos von Filmstar gesammelt habe, so Kisselgoff, sammelte er in den Zeichnungen seine Schnappschüsse und hielt markante Gesichtszüge fest. Gleichsam aus der Perspektive eines Fans nähert er sich in dem für ihn typischen Porträtstil in stilisierten Tuschezeichnungen Persönlichkeiten wie Charles Weidman, John Butler, Paul Draper oder Alexandra Danilova. Subtil erfasst er mit einer klaren, einfachen Linienführung markante Profile und charakterisiert so die ausgeprägten Physiognomien. En face steigert er die Prägnanz durch Aussparungen und konzentriert die Wahrnehmung auf die Gestik. Mit einer präzisen Auffassungsgabe hält er aus der Distanz des klinischen Beobachters in kongenialer Weise aber auch Bewegungen und Körperhaltungen fest.
Durch die überlegte, kompakte Hängung im Annex entsteht eine Intensität, die geradezu eine Aura der Ehrfurcht aufkeimen lässt. Warhol widmet in diesen Zeichnungen den Protagonisten seine Zuneigung in einer intim energetischen Handschrift. Es ist faszinierend, seiner Faszination nachzuspüren.
Illustriert durch historisches Fotomaterial bietet der Katalog einen Einblick in die Tanzwelt der damaligen Zeit und liefert erhellende Informationen über die von Warhol dargestellten Persönlichkeiten.
Bis 28. August bei Ropac. - www.ropac.net