Die Leere vollgepfropft mit Hintersinn
Von Reinhard Kriechbaum
Manfred Pernice heißt der 1963 geborene, in Berlin lebende Künstler, der sich diese philosophische Frage stellt. Aus seinem Munde klingt die künstlerische Aufgabenstellung freilich viel gescheiter, hintersinniger. Aber hinauslaufen tut's doch auf etwas, was Kunst-Äußerung seit je fordert: Ist sie geeignet, Assoziationen im Betrachter wachzurufen, Gedankenbrücken zu bauen? Oder ganz schlicht: Sagt's einem was?
Manfred Pernice wählt den Weg der unaufdringlichen Anspielung. Er kramt im Abfall und findet Dosen. Oder sonst irgendetwas, was er zu skulpturenartigen Gebilden häuft. Und er spielt obendrein mit skulpturalen Formen. "Cube D3" heißt ein Gebilde in einer Ecke des Künstlerhaus-Saales, das einen sofort an mehrere ineinander verschachtelte Kachelöfen mit gemauerter Ofenbank denken lässt. Sogar ein Polster liegt da. Heimelig soll es uns also vorkommen, auch wenn das charmante Monument eindeutig nichts erwärmt außer die Seele. Im günstigen Fall.
In einer anderen Ecke steht ein Ding, das "Tunnel" heißt. Es hat nichts mit einer Durchfahrt zu tun, "Tunnel" heißt das Getränk aus der Dose, die da lustig an einem Schlüsselanhänger baumelt. Die Skulptur besteht aus zwei roh gezimmerten Holzquadern unterschiedlicher Größe. Leider nur ein Schlüsselanhänger und keine Möglichkeit, wirklich eine Tür aufzumachen. Eintritt also nur für Gedanken, und die müssen sich durch Lüftungsschlitze quälen.
Im Mittelpunkt der Schau steht ein Rondell mit mehreren Bereichen. Hier (und auch sonst) hat Manfred Pernice auch Werke von Kollegen und Schülern, mit eingebaut in Rätsel-Räume. In einem hängen allerlei Alltagsdinge an einem Luster, in einem anderen ist das (Salzburger) Hotel Europa das Thema. Manfred Pernice will die Fantasie nämlich auch mit einer "regional-historischen Darstellung" anregen. Er sagt über seine Kunst des kreativen Durcheinander-Bastelns: "Experiment ist ein zu starkes Wort" - was er damit auch immer ausdrücken will.
Es ist anregend, sich das anzuschauen, sich zu wundern und bei manchem auch zu schmunzeln. Auch zu rätseln, was etwa der kleine Bootswagen mit Paddel soll, der etwas hilflos herumsteht. Oder sich irritieren zu lassen von einer "Wohnmodul-Couch", die Benedict Traunfellner beigesteuert hat: Ein Sitzmöbel aus Gips- oder Holzbausteinen womöglich? Es ist Styropor. Also schon wieder fast gemütlich.
Manfred Pernice hatte die letzten fünf Jahre eine Professur inne als Nachfolger von Bruno Gironcoli an der Wiener Akademie der bildenden Künste. Von Venedig bis zur documenta hat er schon repräsentativ ausgestellt, und er ist wohl ein Liebkind von Ausstellungskuratoren. Die können dann kluge Sachen sagen, etwa dass die gefundenen und neu arrangierten Objekte "mit Bedeutungsschichten aufgeladen" und zu "Trägern der Erinnerung" werden, nicht nur doppeldeutig, sondern gleich vieldeutig.