Die Farbe ist im "Material"
Von Reinhard Kriechbaum
So manches Bild von dem Zweiundachtzigjährigen ist mehr Relief als zweidimensionale Malerei. In die "Kornmandln", die sich zentimeterdick auf der Leinwand türmen, glaubt man sich hineinwühlen zu können. In einem Katalogtext hieß es einmal über Franz Grabmayr, er sei einer "der prononciertesten Materialkünstler der Gegenwart". Tatsächlich: Die dick gespachtelte Farbe wird als formbares Material greifbar.
Immer sind Grabmayrs Öl-Arbeiten auch eine haptische Anregung, seien es die "Roten Felsen in der Sandgruben" oder eine "Alte Sägemühle bei Vollmond" - ein helles, freundliches Licht übrigens, nicht viel anders als beim "Sommer im Waldviertel". In beiden Arbeiten hat das Weiß starke Bedeutung als eigenständige Farbe.
Es gibt einige Motiv-Konstanten im Schaffen von Franz Grabmayr. Die juvenil-spontan anmutenden "Tanzblätter" zum Beispiel, die schon vor zwei Jahren in der Schau zum Achtziger in großer Zahl gezeigt wurden hat. Sie wirken wie antipodisch zu den Arbeiten mit gespachtelter Farbe, hier lässt der temperamentvolle Altmeister die Farben ganz im Wortsinn hüpfen und springen. Es sind farbenfrohe Explosionen voller Dynamik, die Tusche scheint manchmal mit leichter Hand übers Papier geschüttet.
Ende der sechziger Jahre gab eine Pantomime den Anstoß zur "Tanzmalerei", zur bewegten Farb- und Körpermetamorphose. Auch "Tänzerinnen" tauchen immer wieder als Bildtitel auf. Auf dem Holzweg, wer diese Arbeiten nun als vorwiegend von Spontaneität getrieben einstuft. Zehn Jahre betrieb Grabmayr Motiv-Studien beim Ballett der Wiener Staatsoper, und das ist typisch für seinen Zugang zur Malerei. Sie "abstrakt" die Dinge auch wirken mögen - es gibt nur ganz wenige dingliche Zitate in Grabmayrs Malerei - ist doch das Vorbild immer real, dem Menschen und seiner Bewegung oder der Landschaft abgeschaut.