Alle gehen hin – aber ist es Kunst?
HINTERGRUND / NEUER CIRCUS
20/12/12 Gleich vier Beispiele für „Cirque nouveau“ zeigt das Winterfest in diesen Wochen in Salzburg. Bekommt diese künstlerische Form von Zirkuskunst (die ja viel mehr Theater ist als konventioneller Zirkus) hinsichtlich der Förderförderung jene Anerkennung, die sie verdient?
Es gibt ein Bühnenbild, Kostüme, Künstlerinnen und Künstler - und ein begeistertes Publikum. Aber die Sache gilt nicht als Kunst, jedenfalls nicht als förderungswürdige Kunst. Der Neuen Circus hat es schwer hat, trotz seiner Erfolge beim Publikum in die Förderungen zusprechenden Amtsstuben vorzudringen. Der Bund zum Beispiel schließt die in vielen anderen Ländern Europas sehr wohl geförderte Schiene kategorisch aus.
Dieser Tage hat in Salzburg im Rahmen des Winterfests ein zweitägiger Workshop stattgefunden. Winterfest-Impresario Georg Daxner ist ja nicht der einzige in Österreich, der sich mit aller Vehemenz für den Cirque Nouveau einsetzt. Auf ähnlicher Schiene strampeln etwa Elena Kreusch mit ihrem Festival „SummerFlame“ (Wien-Aspern) oder Werner Schrempf, der in Graz im Sommer „La Strada“ und im Winter „Cirque Noël“ ausrichtet. Als internationale Vortragende hat man für das Treffen in Salzburg unter anderem den Briten Tim Roberts (FEDEC – European Federation of Professional Circus Schools) und Yohann Floch (Circostrada Network, Frankreich) eingeladen.
Sie alle sehen im zeitgenössischen Circus Optionen für eine Erweiterung des heimischen Kulturbetriebs. Das Genre hat sich in den letzten Jahrzehnten in Richtung Performancekunst, Tanz- und Musiktheater entwickelt - jedenfalls in europäischen Ländern wie Spanien, Frankreich, Großbritannien, Schweden. Einschlägig tätige Künstler aus Österreich suchen ihr Glück in eben diesen Ländern, weil es hierorts weder eine entsprechende Ausbildungsstätte, noch adäquate Aufführungsorte und Förderungen gibt.
Den österreichischen Cirque Nouveau-Festivals werden nicht selten die hohen Kartenpreise vorgeworfen. Da gilt es allerdings zu bedenken, dass ein Kunst-Unternehmen wie das Winterfest in Salzburg 92 Prozent seines Budgets durch Kartenverkauf und Sponsoring abdecken muss. „Ein Teufelskreis, der nicht zu überwinden ist, wenn die Bundesbeiräte nicht anfangen, sich mit dem neuen Circus zu beschäftigen“, heißt es in einer Aussendung der IG Kultur Österreich.
Frankreich habe seit vielen Jahren eine eigene Förderschiene im Kulturressort. Mit seiner Entwicklung einer aktuellen Dramaturgie hätte, so die IG Kultur bilanzierend nach dem Salzburger Workshop, „die Chance, das Missing Link zwischen Unterhaltung und konzeptueller Performancekunst zu werden und Verbindungstüren zwischen verschiedenen sozialen Gruppen zu öffnen“.
Um diesen Entwicklungen mehr Öffentlichkeit zu verschaffen, hat man jüngst das Netzwerk con:circ gegründet, eine Initiative, die zur Stärkung und Etablierung des zeitgenössischen Circus in Österreich beitragen soll. Man will die Zusammenarbeit im Bereich des zeitgenössischen Circus innerhalb Österreichs verstärken und eine bessere Einbettung in internationale Strukturen erreichen. (Winterfest/IG Kultur Österreich)