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Er nimmt Geld, jetzt wird’s schon gehen

SCHAUSPIELHAUS / DER REVISOR

14/12/12 Fast ein wenig „gewollt“ wirkt es, so gut passen Zeitpunkt und Stück zur Situation. Bestechlichkeit, Dummheit, Lüge und Gier feiern nicht nur in der Realität, sondern auch auf der Bühne im Schauspielhaus fröhliche Urständ: „Der Revisor“ von Nikolai Gogol hatte im Schauspielhaus Premiere.

Von Heidemarie Klabacher

Dabei ist er zunächst der einzige Nicht-Gauner. Abgerissen und pleite und beruflich gescheitert wird man ja wohl noch sein dürfen. Und er ist ja auch nur auf der Reise von Moskau – MOSKAU - nach Hause in die russische Provinz, um sich vom Vater den Kopf waschen zu lassen wegen seiner Unzulänglichkeit. Nikolai Gogols Revisor kommt zwar eigentlich aus St. Petersburg, aber in der neuesten Produktion im Schauspielhaus zitiert man gern ein wenig Tschechow. Besonderst Marja Antonowa, des Stadthauptmannes Töchterchen, sehnt sich „nach Moskau“, obwohl sie keine zwei Schwestern hat. Sie hat dafür einen Pussy Riot-Sticker auf der Gitarre und leidet derart an der Langeweile in dem Kaff, dass für sie eine Katastrophe  eine gut Abwechslung wäre.

Die Katastrophe bahnt sich denn auch an: Ihre Frau Mama, die Postmeisterin und Gemahlin des Stadthauptmannes, liest alle eingehenden Poststücke, bevor sie den Empfängern ausgehändigt werden. So erfährt man, dass ein Revisor unterwegs ist, um die Stadtfinanzen zu kontrollieren.

Das kann nur der durchreisende Fremde sein, der seit fast zwei Wochen im Dorfgasthaus wohnt! Der Stadthauptmann, ein gerissener Gauner, entwirft sofort seine Strategien: Das Krankenhaus, für das man Geld kassiert hat, ist ja nie gebaut worden. Also wird man ein paar sauber bezogene Betten in die Schule stellen - die leer stehen, weil die Kranken unter der ausgeklügelten Gesundheitsreform „gesunden wie die Fliegen“. Sollte der Revisor auch die neue Schule besichtigen wollen (für die es im Städtchen gar keine Kinder gibt) wirft man die Betten halt wieder raus. Warum die Schule leer ist? Die Schüler sind auf Exkursion, die Lehrer begleiten sie, bzw. sind auf Fortbildung. Von so einem Krisenmanagement der politisch Verantwortliche kann man nur träumen.

Christoph Batscheider führt nicht nur Regie, er hat auch aus der deutschen Übersetzung von Alexander Eliasberg eine eigene „Fassung“ eingerichtet. So kommen da und dort Anspielungen auf die aktuelle Salzburger Finanz- und Krisensituation vor. Na ja, wenn einem die Obern in der Politik die Gags so aufdrängen, wird es sinnvoll sein, sie auch einzubauen. Ist immer für den einen oder anderen Lacher gut. Christoph Batscheider macht aus Gogols gesellschafts- und vor allem politikkritischer Komödie eine folkloristische Mischung aus Slapstik, Zirkus und Song Contest. Das ist ein wenig schade, weil des dem Stück Bösartigkeit nimmt und zum harmlosen Klamaukstück macht. Einnehmend ist die Bühne von Tobias Kreft, mit dem drehbaren Gasthaus und der Statue des gestürzten Diktators, auf der man Post und Klatsch austauscht. 

Marcus Marotte ist der Stadthauptmann und gewiefte Verschleierungskünstler. Ute Hamm ist seine Gattin, eine russische Matrone in Netzstrümpfen und blondiertem Haar. Kristina Kahlert ihre Tochter, ein reizendes Naturkind. Martin Brunnenmann und Benjamin Lang spielen die affektierten "Tratschweiber" Bobtschinskij und Dobtschinskij mit Hosenträger und Fellhaube. Thomas Enzi schließlich gibt den Chlestakow, den gescheiterten kleinen Beamten, der für den Revisor gehalten wird. Vor ihm zittert der Stadthauptmann und er zittert vor dem Stadthauptmann, weil er seit zwei Wochen keine Rechnung bezahlt hat. Außerdem hat er Hunger, weil der Wirt kein Essen mehr herausrücken will, bevor nicht abgerechntet ist.

Nur langsam kapiert Chlestakow, woher der Wind weht, man will ihm nichts bBöses, man will was von ihm... Jedenfallls lässt er sich gerne hoffieren und einladen – und gebärdet sich wie eine Mischung aus Literaturnobelpreisträger und Elvis Presley. Sein Diener Ossip ist Simon Ahlborn, der einzige, der neben Kristina Kahlert auch manchmal einen leisen Ton findet. - Lustig, laut, bunt, dieser Revisor. Und solche Gauner gibt’s zum Glück nur auf der Bühne.

Der Revisor – Aufführungen im Schauspielhaus bis 9. März 2013 - http://www.schauspielhaus-salzburg.at/spielplan/stuecke/revisor/
Bilder: SSH/Tobias Kreft/Marco Riebler

 

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