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Im Hickhack der Lebensmodelle

SCHAUSPIELHAUS / DIE EINLADUNG

10/09/23 „In Erziehungsfragen sind wir eben nicht auf einer Wellenlänge“, versuchen die beiden Ehepaare zu kalmieren, aber da haben sich die Wellen schon zu ziemlich verheerenden Wogen aufgetürmt. – In der Komödie Die Einladung von Florian Scheibe prallen sehr unterschiedliche Lebensentwürfe und Ideologien aufeinander.

Von Reinhard Kriechbaum

Der Anlass für das gemeinsame Abendessen, das zum Fiasko wird, könnte nichtiger nicht sein: Lotte und Laura sind quasi miteinander aufgewachsen, die Eltern haben gemeinsam ein Ferienhaus. Aber jetzt will die eine Zehnjährige die andere partout nicht beim Geburtstagsfest dabei haben. Die Kinder haben sich nicht weniger auseinander entwickelt als ihre Eltern. Wie die Alten sungen, heißt es im Sprichwort. Kein Wunder also, dass die Eltern ordentlich aneinandergeraten.

An Reibungsflächen fehlt es nicht. Lauras Eltern: In der Werbebranche tätig, zeitgeistig, erfolgs- und geldorientiert. Aus Laura wird wohl mal eine Bestie der Intelligenz werden, so sie die hohen Erwartungen der Eltern einlöst. Auf der anderen Seite: ein verkrachter Schriftsteller und eine Ärztin auf Homöopathie-Schiene. Deren Lotte, die eine Waldorfschule besucht, ist ein Naturkind. Reitet ohne Sattel.

Beim gemeinsamen Abendessen der Eltern sind die Wegweiser also auf Konfrontation eingestellt. Bühnenbildnerin Ilona Glöckel hat im Schauspielhaus-Studio eine Wohnküche gebaut, die alle Stückeln spielt und sich selbst entlarvt als Raum der Selbstdarstellung ihrer Besitzer. „Wie in Schöner Wohnen“, sagt einer.

Der 1971 in München geborene Florian Scheibe hat die unterschiedlichsten Ratgeber für glückendes Leben ausgeschlachtet und lässt mit dramaturgischem Geschick die unterschiedlichen Lebensansichten und -erwartungen so hinterhältig wie pointenreich aufeinander prallen. Der Autor selbst zeigt keine Präferenzen für irgendeine Seite, letztlich müssen alle vier ihre Hosen runter lassen. Was ist schon gut und richtig in unserer Zeit?

Regisseurin Dora Schneider hat nochmal nachgeschärft. In turbulenten Fünfviertelstunden setzt sie auf präzises Timing. Die Argumente fliegen wie Wurfmesser und sie verletzen die vermeintlichen Gegner punktgenau. Man kann sich beinahe bis zuletzt nicht vorstellen, wie sie je aus ihrem Hickhack herausfinden sollen – dafür hat sich der Autor dann einige verblüffend unprätentiöse Wendungen einfallen lassen.

Bei aller Überdrehtheit: Alle vier Figuren bekommen auch Zeit für Selbstreflexion. Christiane Warnecke und Petra Staduan sind die beiden weiblichen Konkurrentinnen in diesem Kammerspiel der Boshaftigkeit. Anne und Clara schenken sich nichts, wogegen die Ehemänner Steffen und Jan (Lukas Spinka, Wolfgang Kandler) eher bereit wären, einzulenken. Die Regisseurin hat viel Wert auf die Körpersprache gelegt. Auch da im Detail viel Witz, aber auch Nachdenklichkeit. Die Premiere am Samstag (9.9.) – die deutschsprachige Erstaufführung des Stücks – ist sehr herzlich aufgenommen worden: Eines der Erfolgsrezepte dürfte sein, dass sich wohl jeder im Publikum mit den Ansichten einer der Figuren voll identifizieren kann.

Aufführungen bis 31. Oktober im Schauspielhaus-Studio – www.schauspielhaus-salzburg.at
Bilder: Schauspielhaus Salzburg / Jan Friese

 

 

 

 

 

 

 

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