Würstelstand, das Herz der Welt
HINTERGRUND / THEATERALLIANZ
03/03/21 Bei Frankfurter mit „Süß“ oder „Scharf“ treffen aufeinander „ein lebensmüder Mann, eine nervöse Diva, ein mit Testosteron und Geld gefülltes Fußballwunderkind...“ So das Setting von Bernhard Studlars Stück Lohn der Nacht. Vielleicht helfen ja in Pandemiezeiten und angesichts zugesperrter Theater Anrufungen der Musen der Dichtkunst?
Von Heidemarie Klabacher
Sechs freie österreichische Bühnen bilden die Theaterallianz. Schauspielhaus Wien, Theater Kosmos Bregenz, Schauspielhaus Salzburg, klagenfurter ensemble, Theater Phönix Linz und Theater am Lend in Graz tauschen untereinander besondere Inszenierungen zeitgenössischer österreichischer Stücke aus und fördern Theaterautorinnen und Theaterautoren. Außerdem vergeben sie seit 2016 alle zwei Jahre gemeinsam einen Preis.
Der von der Theaterallianz ausgelobte „Autor*innenpreis 2020“ ging an den Wiener Autor Bernhard Studlar. Sein Stück Lohn der Nacht wird (sofern Corona es will) vom Theater Kosmos in Koproduktion mit den Bregenzer Festspielen im Sommer 2021 uraufgeführt. Nach der Premiere soll die Inszenierung auf Tournee durch alle Mitgliedstheater der Allianz gehen, also auch im Schauspielhaus Salzburg Station machen. Auch hier gilt, wie in der gesamten Kultur: Wenig ist möglich, nix ist fix.
Bernhard Studlar ist nach Thomas Köck mit seinem Stück Kudlich - eine anachronistische Puppenschlacht (2016) und Miroslava Svolikova mit Der Sprecher und die Souffleuse (2018) der dritte Gewinner des mit 9.500 Euro dotierten Preises. Dieser gehöre, so die Theaterallianz, zu den höchstdotierten Auszeichnungen für neue Dramatik im deutschsprachigen Raum.
Der Wettbewerb habe in Kooperation mit den Bregenzer Festspielen stattgefunden, und zwar im Kontext der verschobenen Puccini-Neuproduktion. Tatsächlich hat das Theaterstück zur Oper die Oper inzwischen überholt: „Da Madame Butterfly erst im Sommer 2022 produziert wird, kommt das Stück nun als Vorbote der Oper zur Uraufführung.“
Der Kongress tanzt und Die Stunde der Diktatoren waren die Arbeitstitel für die Wettbewerbe 2016 und 2018. Das Thema der jüngsten Rund Die Arroganz des Kapitals fokussierte der Autor Bernhard Studlar auf „die Arroganz, mit der der amerikanische Marineoffizier Pinkerton die Geisha Cio-Cio San, genannt Butterfly, zur Frau nimmt“. Der Stoff stehe „stellvertretend für die Anmaßungen der westlichen Welt quer durch die Geschichte“.
Rund fünfzig Produktionen seien Rahmen der Theaterallianz bisher ausgetauscht worden, was den „den einzelnen Partnertheatern und dem wesentlich größeren Publikum“ ebenso zu Gute komme, wie durch die größere Reichweite den Autorinnen und Autoren und den Künstlerinnen und Künstlern.
Bernhard Studlar, Jahrgang 1972, lebt als freischaffender Autor in Wien. Er war von 1995 bis 1998 Dramaturg und Regieassistent am Theater der Jugend in Wien. 2005 gründete er zusammen mit dem Regisseur Hans Escher die Wiener Wortstaetten, ein interkulturelles Theaterprojekt. Stücke von Bernhard Studlars spielten etwa das Wiener Burgtheater, das Staatstheater Kassel, das Schauspiel Leipzig oder das Slowakische Staatstheater Bratislava. Wie das alles konkret auschauen wird? Wer weiß das schon. Ihr Musen – von Melpomene für Tragödie bis zu Thaleia für Komödie – „schaut's oba“.