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Ansätze bleiben in solchen stecken

LANDESTHEATER / DIE SCHÖNSTEN NEUROSEN UNSERER HAUSTIERE

18/03/19 Die schönsten Neurosen unserer Haustiere – ein Versprechen ohne Einlösungsgarantie. Vielleicht aber auch einfach  ein strukturelles Problem einer ehrbaren Festival-Idee am Landestheater? Die Uraufführung des „Theaterprojekts“ von John von Düffel im Landestheater ist jedenfalls nicht ganz rund geraten.

Von Erhard Petzel

Man muss vorausschicken, dass es sich bei der Uraufführung vom Samstag (16.3) um ein Autoren-Projekt handelt, also etwas, wo im Team zwischen dem Text entwickelnden und umsetzenden Regisseur mit den Schauspielern und technischen Fachkräften in kurzer Zeit ein Stück ausgearbeitet und in einer Art Revue auf die Bühne gestellt wird. Das gehört zu dem am Landestheater unter dem Titel FREISPIEL geführten Autorenfestival. Der dazugehörige Wettbewerb mit Juryentscheidungen, von Michael Niavarani moderiert, will der Freiheit des Lachens Bahn schaffen. Der Sieger von 2017 wird mit Theodora Bauers Komödie (darum geht es, um Komödien) papier.waren.pospischil am 22. März in den Kammerspielen zur Aufführung kommen.

Die Uraufführung vom Wochenende, über neurotische Haustiere, versteht sich laut Programmheft als „Werkstattinszenierung in einem aufführungsreifen Zwischenstand ohne Anspruch auf perfekte Komposition“. Beachtlich in diesem Zusammenhang das Zusammenspiel zwischen Technik und Bühne. Gleich zu Beginn wird im Konflikt um das nicht ausgeschaltete Handy der Schauspielerin Genia Karasek – in der Rolle der Genia, mit dem großen Hund. Das Display mit verschiedensten Hundetypen hinter Gittern wird als Riesenbild sichtbar. Musik und Videos von Phillip Hohenwarter und Matthias Peyker finden auf der sowohl einfach wie raffiniert gestalteten Bühne Karin Rosemanns so überraschende wie funktionale Projektionsflächen, auf der Hunde, Wale und psychodelische Kreise ihre ebensolchen ziehen werden. Zum Schluss der Hundebilder also Chrissi, der auf Hund frisierte Christoph Wieschke.

Die Namensgebung der Protagonisten mag ein Verweis auf den verflochtenen Entstehungsprozess der Performance bieten. Sowohl Tierpsychiater Dr. Dott wie der Filmhund Timmy bezeugen namentlich die Herkunft der Rolle, da Marco Dott und Tim Oberließen dahinterstecken. Nur Elisa Afie Agbaglah geht in der Maske der hyperaktiven Catwoman unter. Mit diesem Personal ist die Bestückung auf der Bühne abgeschlossen, die Szenen und das, was sich als Handlung entwickeln wird, kreisen um diesen engen Beziehungskosmos.

Genia hat sich also den größten und am wenigsten vermittelbaren Hundekoloss aus dem Tierheim geholt und wird infolge den Konflikt zwischen ihrem Helfersyndrom und ihren unterdrückten Triebbedürfnissen, vom fernseh- und chipssüchtigen Couchhund unverschuldet angeheizt, bei Tierpsychiater Dr. Dott abreagieren. Timmy, als hündische Zweitbesetzung der Verfilmung von den Fünf Freunden traumatisiert, wird entgegen der Diagnose Dotts tatsächlich von Catwoman verfolgt und freundet sich in der Ordination mit Chrissi an. Des Zielpublikums von Fünf Freunde-Konsumenten würdig, kommt es auch zur großen Aussöhnung Timmys mit Catwoman, nachdem realisiert wird, dass deren Vergewaltigung am Set nicht durch Timmy, sondern die Erstbesetzung erfolgte.

Der Raum, dem das Problem Harvey Weinstein und #metoo zugemessen wird, wirkt etwas aufgesetzt und lähmt den Handlungsfluss. Da funktioniert Timmys Protest gegen die sexualisierte Menschheit in einer Art hündischem Manifest schon vitaler. Viele Ideen sind in Ansätzen erkennbar, etliche Ansätze bleiben aber in solchen stecken. So können sich die Schauspieler in ihren Rollen an Klamauk und Charakterstudie abarbeiten. Der Reiz hinter dem Vexierspiel des Verhaltenskosmos vertierter Mensch und vermenschlichtes Haustier wird aber beschränkt abgeschöpft. Zu grob bleiben die Ideen, zu eng die potentielle Bandbreite des Themas, zu gering das Tempo für den Zugriff auf die Pointen.

So kann der durchaus vergnügliche Abend nicht an die Qualitäten von Marco Dotts Hotel Europa heran, das in der Struktur vergleichbar ist, indem eine Überidee, als Revue ausgearbeitet, mit Musiknummern verschmolzen dem Ensemble auf den Leib geschneidert wurde. Der Titel - Die schönsten Neurosen unserer Haustiere klingt ja auch einladend – ist diesmal zwar griffiger, das Produkt aber nicht so rund und geschlossen. Trotzdem kräftiger Applaus.

Vier weitere Aufführungen ab Mittwoch (20.3.) - www.salzburger-landestheater.at
Bilder: LT / Anna-Maria Löffelberger
Zum dpk-Überblick über das Autorenfestival FREISPIEL
Komödie verzweifelt gesucht

 

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