Schutz gesucht, hereingelegt
UNIVERSTITÄT MOZARTEUM / ANTIKE TRAGÖDIEN
22/06/17 Eine Gruppe Frauen flieht vor der Zwangsverheiratung. Was könnte aktueller sein? Sexuelle Gewalt Thema in der Antike – der Dichter Aischylos hat das Drama „Schutzflehende“ geschrieben. Im Theater im KunstQuartier kommt es dieser Tage zur energiegeladenen Aufführung – zusammen mit Ödipus und Medea.
Von Heidemarie Klabacher
Regiestudentinnen und -studenten am Thomas Bernhard Institut der Uni Mozarteum haben sich in diesem Semester mit griechischen Tragödien und Fragen ihrer zeitgenössischen Inszenierung beschäftigt. In drei jeweils etwa einstündigen Stücken „formulieren sie eigenständig unterschiedliche Perspektiven auf antike Texte“, heißt es ein wenig trocken im Folder. Das Ergebnis ist nun auf der Bühne zu sehen - und gar nicht trocken.
„Ödipus“ von Sophokles in der Regie von Konrad Wolf, „Schutzflehende“ nach Aischylos in der Regie von Milena Mönch und „Medea“ von Jean Anouilh in der Regie von Franziska Stuhr stehen unter dem Motto „Macht.Staat.Familie“ in einer Art Marathon der Theaterminiaturen auf dem Programm im Theater im KunstQuartier. Der erste „Durchgang“ war am Mittwoch (21.6.), eine zweite Aufführungsserie folgt am Freitag (23.6.) um 16 Uhr, 19.15 und Uhr.
DrehPunktKultur begleitete die „Schutzflehenden“ und war beeindruckt von der tempo- und energiegeladenen Aufführung, die Passagen aus dem antiken Drama so ungeniert wie gekonnt kombiniert mit aktuellen Zahlen und Fakten aus dem unerschöpflichen Bereich „sexuelle Gewalt gegen Frauen“.
Das alles ist voll Wut und Energie umgesetzt von den Sauspielstudentinnen Naima Laube, Laura Trapp und Maria Strauss in der Regie von Milena Mönch auf der Bühne von Ilja King, auf der grade mal drei Transparente entrollt werden. Drei Schauspielerinnen stehen für die gesamte Gruppe der fliehenden Danaiden, die – niemand weiß genau warum – voller Panik vor der Ehe fliehen. Der Schutz, der ihnen gewährt wird, erweist sich als mehr als brüchig.
Mitzuerleben, wie in nur einer Stunde Spieldauer ein solch schwergewichtiges Thema mit solch leichter Hand – bei durchaus enormer stimmlicher Lautstärke – und einer gehörigen en Portion Ironie abgehandelt wird, war ein Erlebnis. Die Frauen kommen zu Pferd. Die Assoziationen zu Troja nehmen sich selber auf’s Korn, etwa wenn das Pferd hinterwärts Äpfel absondert, was natürlich an die Ursache des trojanischen Krieges erinnert, das Urteil des Paris und dessen fatale Apfelgabe. Das passiert alles so beiläufig, wie Anspielungsreich. Junge Theater voll Energie, Zorn und Spiellust- ein Erlebnis.
Bild:
Der zweite Zyklus - Freitag (23.6.) ab 16 Uhr - www.uni-mozarteum.at
Bild: UniMoz