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Liebe in Zeiten der Verzweiflung

OFF THEATER / DER KUSS DER SPINNENFRAU

09/03/17 Drei mal drei Meter Spielfläche. Zwei durchhängende Feldbetten. Zwei Darsteller. Zwei Stunden Aufmerksamkeit, Mitleben, Mitfühlen: Ein packendes Kammerspiel ist die Produktion „Der Kuss der Spinnenfrau“ im Off Theater. In der Regie von Alex Linse brillieren bei aller Emotion mit facettenreichem Understatement Clemens Ansorg und Maximilian Pfnür.

Von Heidemarie Klabacher

Ein Guerrillero und ein Homosexueller in einer Gefängniszelle: „Der Kuss der Spinnenfrau“ des argentinischen Autors Manuel Puig erzählt von Unterdrückung und Überwachung, Ausgrenzung und Sehnsucht dazuzugehören, Folter und Gefängnis, Liebe und Emotion. Und ganz wesentlich: Roman und Bühnenfassung erzählen vom Kino, von der Liebe zum Film und der Freiheit im Kopf angesichts physischen und psychischen Eingesperrtseins.

Der Plot eines Films - man tippt zunächst auf Hitchcocks „Vögel“ - zieht sich leitmotivisch durch die Gespräche, Diskussionen und Streitereien zwischen dem Schaufenster-Dekorateur Molina und dem Guerrillero Valentin.

Wer der Schwule im Duo ist, braucht man nicht lang raten. Aber Plot und aktuelle Produktion verfallen keinen Augenblick in banale Klischees. Ja das Hinterfragen stereotyper Männer-, Frauen-, Menschenbilder und der dazugehörigen Macht-Verhältnisse ist das eigentliche Thema.

Wenn das Publikum zum Augenzeugen des Lebens zweier junger Männer auf neun Quadratmetern wird, haben die beiden sich offensichtlich schon ganz gut miteinander arrangiert. Man scheint sich zu respektieren und einander das Leben nicht noch schwerer machen zu wollen.

„Der Kuss der Spinnenfrau“ erzählt vom wachsenden Verständnis zwischen den Vertretern einander diametral gegenüberstehender Lebensentwürfe – zwei Stunden lang ohne auch nur einmal Kitsch oder Klischees zu bemühen. Ausgehend von Valentins querdenkerischen Fragen zum Film von der „Pantherfrau“ entwickeln sich immer facettenreichere Bilder vom Leben der beiden vor der Haft, ihren politischen und privaten Zielen und Sehnsüchten. Dass der schwule, dennoch grund-bürgerliche Außenseiter Molina „Rigoletto“ kennt, wird nicht angebracht, um dessen kulturelle Überlegenheit über den Widerstandskämpfer aus der Unterschicht anzudeuten, sondern um effektvoll mit eingeblendeten Musik-Zitaten zu spielen.

Die Position des Kämpfers Valentin ist ehrenhaft - „Macht ist, wenn sich niemand neben mir geringer vorkommt“ - ohne allzu kindlich-utopisch zu sein. Der Schaufensterdekorateur, fast Innenarchitekt, versteckt sich zum Selbstschutz hinter der Bourgeoisie, die ihn, den Außenseiter, ja ohnehin nicht zu akzeptieren bereit ist... Clemens Ansorg als Molina und Maximilian Pfnür als Valentin bringen in der Regie von Alex Linse unzählige Facetten ihrer Figuren zum Leuchten, konzentrieren die Aufmerksamkeit ihres Publikums immer stärker auf neun Quadratmeter glühenden Wunsch, zu leben. Ein packender Theaterabend.

Der Kuss der Spinnenfrau – weitere Aufführungen im Off Theater ab 11. März
Bilder: Off Theater

 

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