Benzinfässer stapeln sich auf dem Dachboden
SCHAUSPIELHAUS / BIEDERMANN UND DIE BRANDSTIFTER
23/02/17 Ein „Lehrstück ohne Lehre“ hat der Dichter sein Stück „Biedermann und die Brandstifter“ aus den fünfziger Jahren genannt. Der selbstgerechte Gottlieb Biedermann geht sehenden Auges seiner Vernichtung entgegen. Am Mittwoch (22.2.) war Premiere im Salzburger Schauspielhaus.
Von Werner Thuswaldner
Die Theater landauf, landab haben von dem tragikomischen Stoff noch immer nicht genug. Die Salzburger Neuinszenierung handelt den Fall zügig und schnörkellos ab.
Es gibt Kontinuitäten, auf die man sich verlassen kann: Schon vor fünfzig Jahren wurden Schülerinnen und Schüler mit dem Stück von Max Frisch beglückt. Und so geschieht es heute noch. Gerade in der Gegenwart haben die Biedermänner, die ihr Wohlleben auf fragwürdigen moralischen Grundmauern errichtet haben, Konjunktur. Sie sind leicht zu manipulieren. Das nützen politische Abenteurer und Verbrecher aus.
In der Inszenierung von Peter Raffalt geht es gleich zur Sache. Gottlieb Biedermann will in Ruhe eine Zigarre rauchen und die Zeitung lesen, in der wieder einmal steht, dass brandstiftende Hausierer die Stadt bedrohen. Ausgerechnet in dem Moment wird er von einem auftretenden Hausierer gestört.
Bühnenbildner Vincent Mesnaritsch zeigt nicht, wie üppig dieser neureiche Haarwasserfabrikant eingerichtet ist. Die Schauplätze, Wohnzimmer und Dachboden, werden durch gleissend farbigen oder weißen Hintergrund gekennzeichnet. Zwischendurch erscheinen die Personen davor im Scherenschnitt-Effekt. Die durchgehende Stilisierung spart an Aufwand. Nur die Art der Kleidung (Kostüme: Elke Gattinger) deutet an, dass Wohlstand herrscht. Babette Biedermann lässt daran keinen Zweifel und tritt mit einer Menge Einkaufstaschen auf.
Der dreiste Hausierer Josef Schmitz, der den armen Gottlieb Biedermann mit aggressiver Lust in die Enge treibt, ist die farbigste Figur. Er war früher Ringer, was man ihm zunächst nicht glaubt, bis der hochgewachsene Darsteller Frederik Soltow einschüchternd seinen sehr gut trainierten Oberkörper zeigt. Ein Fitnesscenter scheint daran gut verdient zu haben. Eine Woche lang war Schmitz auch Schauspieler und trat als Tod im „Jedermann“ auf. Das kann er vormachen und ruft dabei statt Jedermann auch schon einmal Biedermann. Marcus Marotte steht in dieser Rolle von Anfang an der Schweiß auf der Stirn. Der Mann voll schlechten Gewissens hat dem Eindringling nichts entgegenzusetzen und seine Frau Babette (Susanne Wende) fürchtet sich zu Tode.
Schmitz schleust seinen Freund, den ehemaligen Kellner Eisenring, ein. Magnus Pflüger spielt ihn als schleimig, glatte Figur, der nicht beizukommen ist. Gemeinsam stapeln die beiden Benzinfässer auf dem Dachboden des Hauses. Sie verheimlichen ihr Vorhaben nicht. Hitler hielt mit seinen Absichten auch nicht hinterm Berg und Trump tat es genauso wenig. Raffalts Inszenierung legt solche Parallelen weitgehend unaufdringlich nahe. Folgerichtig fliegt gegen Ende alles in die Luft. Zuvor vergewaltigt noch der ölige Kellner das fleißige Dienstmädchen Anna (Magdalena Oettl). Die drastische Szene, die nicht bei Frisch steht, wird vermutlich in den Aufführungen für Schulen besser wegbleiben.
Den Chor des alten griechischen Dramas parodierend, tritt immer wieder eine Gruppe von Feuerwehrleuten auf. Um sie hat sich die Regie sichtlich zu wenig gekümmert. Kämen sie gar nicht vor, kaum einer würde sie vermissen.