Carolin macht eine Zeitreise
SCHAUSPIELHAUS SALZBURG / HIERONYMUS BOSCH
07/11/16 Im Gedenkjahr für den vor fünfhundert Jahren verstorbenen niederländischen Maler Hieronymus Bosch steuert das Schauspielhaus Salzburg die Uraufführung eines Stückes von Jerome Junod bei.
Von Werner Thuswaldner
In diesem Jahr erinnern nicht nur eine Reihe von Ausstellungen, Buchveröffentlichungen und Schulfunksendungen an den Künstler, er scheint auch eine ergiebige Figur für das Theater zu sein. Jedenfalls unternahm der Schweizer Autor Jerome Junod einen Versuch in diese Richtung. Am Freitag (4.11.) fand im Schauspielhaus Salzburg die Uraufführung seines Stückes mit dem schlichten Titel „Hieronymus Bosch“ statt.
Carolin ist eine junge Kunsthistorikerin, die zu einem Symposion fahren will. Die Reise endet aber auf einem Flughafen, der gesperrt wird, weil es einen Anschlag gab. Carolin ist die Einzige, die hier gestrandet ist, alle anderen sind, wie es aussieht, an ihr Ziel gekommen. Sie vertreibt sich die Zeit Schnaps trinkend mit einer abgebrühten, vulgären, vom Leben enttäuschten Frau an einem Kiosk. Die Rede kommt unter anderem auf Hieronymus Bosch, dem Carolin gerne einmal persönlich begegnen möchte. Sie schläft aber ein und wird erst wieder nach der Pause aktiv. Zuvor wird dem Publikum vorgeführt, wie ein Symposion abläuft. Die Kunsthistoriker werden als abgehobenes Völkchen karikiert, das sich verschroben benimmt und ausdrückt. Sie äußern sich über das berühmte Triptychon „Der Garten der Lüste“, das im Hintergrund sichtbar wird. Die widersprüchlichen Statements sind zum Lachen.
Nach der Pause hat sich wie von selbst Carolins Wunsch erfüllt: Sie ist nach einer Zeitreise, die fünfhundert Jahre überspringt, in Boschs Haus gelandet. Als erste will sie auf eine Toilette, aber das ist natürlich nicht möglich. Zwei Angestellte bringen ihr stattdessen ein großes Gefäß, das bleibt aber ungenützt. Es dauert noch ein wenig, bis der Maler auftritt. Carolins Hoffnung, er würde ihr brauchbare Auskünfte über sein Künstlertum zum Mitschreiben diktieren, verwirklicht sich nicht. Bosch poltert und schildert ausführlich in der Art eines Leitartiklers von heute, wie unzufrieden er mit den Zeitumständen und vor allem mit den Menschen ist. Carolin landet letztlich wieder in der Gegenwart. Vielleicht wäre es gar nicht schade gewesen, schon zum Zeitpunkt der Pause Schluss zu machen.
Der Inszenierung von Robert Pienz ist durchaus die lobenswerte Absicht anzusehen, möglichst viel von den rätselhaften Dimensionen des großen Malers anschaulich zu machen. Hier wurde eine Menge Detailarbeit geleistet. Ähnliches gilt für die gut durchdachte Ausstattung von Ragna Heiny. Besonders wirksam ist selbstverständlich „Der Garten der Lüste“, der einem nach Schulfunkart gut erklärt wird. Freilich kann die Auskunft über Hieronymus Bosch nicht erschöpfend sein. Dazu bedürfte es vermutlich mehrerer Theaterabende.
Alle Beteiligten gehen in ihren Aufgaben auf. Die Rolle der Carolin ist mit der Luxemburgerin Claire Thill besetzt. Sie bringt mit ihrem Akzent einen Hauch Authentizität ein, ist aber nicht immer verständlich. Die Kioskfrau (Susanne Wende), die einzelnen Kunsthistoriker, Hieronymus Bosch (Harald Fröhlich), ein ausgefressener Adeliger (Marcus Marotte) und alle anderen sind als farbige Charaktere geschildert.