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Chaplinesque brüllt der Löwe

GROSSES FESTSPIELHAUS / SCHLOTE / CHAPLIN

03/03/2010 Wer dachte, es wäre schon schwer, auch nur so zu laufen wie Charlie Chaplin, der sollte ihn mal Ballett tanzen sehen. In der „Hommage à Chaplin – Keep Smiling“ hat man die Gelegenheit dazu.

Von Nic Henseke

Charlie Chaplin sieht als Darsteller nicht sehr facettenreich aus, schließlich gleicht er sich in jedem Film selber. Doch das ist nur eine Kunstfigur, „Der Vagabund“ etwa. Charles Spencer Chaplin hingegen ist ein Künstler, ist Athlet, Liebhaber, Tischballetttänzer, Boxer, Versager, Diktator, Tunichtgut, Melancholiker und liebenswerter Idiot. Und all diese Facetten werden vom Györ Ballett auf die Bühne gebracht.

Das Stück setzt sich aus Szenen der vier großen Filme Chaplins zusammen (The Kid, The Tramp, City Lights und The Great Dictator) und mit seinem Leben auseinander. Im ersten Akt eckt er schon als Kind in London mit Staatsmacht an und wird von Bobbies verfolgt. Auf die erste Liebe, folgt die erste Enttäuschung und der erste Kontakt mit dem Alkohol. Der zweite Akt erzählt von seinen Erlebnissen in den USA, er fällt sprichwörtlich aus allen Wolken als er in New York ankommt. Hier muss er sich durchboxen, metaphorisch auch gleich mal mit dem Teufel selbst. Natürlich gewinnt – der Teufel! Nun versucht er es im Großen und der kleine Vagabund wird zum großen Diktator, der im eleganten Stil ein erschreckendes Tänzchen mit der Weltkugel veranstaltet. Chaplin legt sich hierbei abermals mit der Staatsmacht an die zum Selbstzweck wurde.

Die Umsetzung der beiden Akte ist dem Györ Ballett choreographisch hervorragend gelungen. Balletttanz und Schauspiel werden dabei chaplinesque (dieses Wort gibt es wirklich) verbunden. Musikalisch bedient man sich neben Chaplins eigenen Werken auch der Musik von Armstrong bis Wagner und mischt sie stimmungsvoll und abwechslungsreich. Das aus Ungarn stammende Ballett hat zu Recht einen internationalen Ruf und vertritt diesen auf den Bühnen von Mailand bis Tokyo. Diese internationale Erfahrung macht sich in der grandiosen Mischung aus Videoschnitt, Bühnenkonzept, Musik, Technik und Tanz bemerkbar.

Die Vorstellung vergeht wie im Flug. Und als der Löwe brüllen lernt (Wechsel von Stumm- zu Tonfilm im Metro Goldwyn Mayer Logo) spricht Chaplin zu den Menschen und plädiert für eine Welt mit mehr Menschlichkeit, gegen Mechanisierung der Geister und für die Werte der Freiheit. Am Ende malt er statt dem Teufel „Keep Smiling“ an die Wand.

Bilder: Schlote / Belá Szabó

 

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