Von wilden Kerlen und der Poesie der Einsamkeit
WINTERFEST
13/10/12 Ein Rockkonzert wird zum Zirkusspektakel. 15 Gasflaschen und drei Bretter brauchen zwei Artisten und ihr querschnittgelähmter Kollege für ihre bösen Spiele. Im Laderaum des alten LKW wird auf kleinstem Raum gestrickt und gezaubert. Das Kuppelzelt ist ein Kunstwerk für sich - und zugleich Schauplatz der Geschichte vom traurigen Kind, das über seine Grenzen hinaus wachsen will.
Von Heidemarie Klabacher
„Das Winterfest funktioniert, weil wir das Publikum verzaubern, beglücken, verrücken und begeistern. Das wird auch heuer wieder so sein", garantiert Georg Daxner. Der Winterfestleiter und Zirkusvisionär stellte heute Freitag (13.10.) das Programm des 12. Winterfests im Volksgarten vor. Die Präsentation war im Europark – dort also, wo ab sofort auch die Eintrittskarten verkauft werden.
Vier französische Zirkustruppen gastieren von 29. November bis 31. Dezember in drei Zelten und einem Lastwagen im Volksgarten. Die Verlängerung bis 5. oder 6. Jänner scheint bereits fix zu sein. Wie ein Rockkonzert beginnt die Aufführung der Truppe „Cie Le Cubitus du Manchot“. Zehn Artisten und fünf Musiker aus Frankreich vereinen Artistik und Theater, Tanz und Musik zu einem Zirkusmusical unter dem Titel „Ballet Manchot“.
Die Artisten des „Cirque inextremiste“ sind „drei wilde Jungs, die sich nichts schenken“, einander austricksen, wo es nur geht – "und doch aufeinander angewiesen sind, um in der Manege zu überleben". Die drei wilden Kerle brauchen sonst nur 15 rote Gasflaschen und drei Holzbretter. Das Besondere: einer der drei Artisten ist querschnittgelähmt. Ein Euro vom Verkauf jeder Eintrittskarte zu „Extremites“ geht an Wings for Life, die Stiftung für Rückenmarksforschung.
Diese französischen Zirkustruppen haben immer schwierige Namen. Das Duo „Cie Circ’ombelico“ spielt im Laderaum eines alten Lastwagens mit dem Thema „kommen und gehen“. Diese Zirkusminiatur spiele mit optischen Tricks und experimenteller Akrobatik. Voriges Jahr gab es die Produktion „8m3“ mit acht Kubikmetern Bühnenraum. „Diesmal wird es noch kleiner, im Lastwagen haben nur 45 Gäste Platz“, so Georg Daxner. Dafür spielen „Cie Circ’ombelico“ zweimal täglich. Der Titel der Produktion ist holländisch, funktioniert aber auch genau so auf Deutsch: „Da/Fort“, spielt auf Dasein und Fortsein an.
Die vierte Produktion bringt das „Theatre d’un jour“ in den Volksgarten: Drei Artisten, eine Cellistin und eine Puppenspielerin erzählen die Geschichte eins kränklichen einsamen Kindes, das seine Schwächen überwinden will. Es sei eine besonders intensive Produktion, die explizit für Besucher ab zwölf Jahren empfohlen wird. Gespielt werde mit der Ambivalenz zwischen "Staunen und Angst", so Georg Daxner.
Das Winterfest sei bemüht, durch das Engagieren von sehr unterschiedlichen Circus-Compagnien, Schwerpunkte in den verschiedensten Sparten der zeitgenössischen Zirkuskunst zu setzen: "Durch ein vielfältiges Programm können dem Publikum zeitgenössische und progressive Produktionen, Kinder- und Familienstücke, Ernsthaftes und Nachdenkliches, Poetisches und Unbeschwertes geboten werden“, so Georg Daxner.
Das Winterfest, als einziges Festival für zeitgenössischen Circus in Österreich, verstehe es seit nunmehr zwölf Jahren, seinem Publikum die Kunstform des Nouveau Cirque näher zu bringen. Nouveau Cirque ist, so Daxner, „eine Zusammenführung der verschiedensten Kunstsparten": "Die Bandbreite reicht von bildender Kunst über darstellende Kunst mit Tanz, Musik, Schauspiel, Akrobatik oder Puppentheater“. Und vor allem: moderner Zirkus erzählt Geschichten.
Das Winterfest besteht ja nicht nur aus Aufführungen. Dazu gehört auch die Möglichkeit, im besonderen Ambiente zu speisen. Das garantiere den Gästen einen besonderen Abend, bringe dem Winterfest etwa „viele Firmen-Weihnachtsfeiern“ und sei damit auch ein Wirtschaftsfaktor. Das Catering hat die ChefPartie Mondsee.
Neben den Einzelkarten gibt es wieder zahlreiche Kombi-Tickets und Ermäßigungen: Neu ist der Familiensamstag: Am 8. Dezember zahlen Familienpassinhaber 30 Euro für Erwachsene und 5 Euro für Kinder. Alle Karten gelten als Busfahrkarte in der Zone S. Die Finanzierung des Winterfestes sei für die nächsten drei Jahre gesichert, berichtet Georg Daxner.