Man baut fortan auf echte Schauspieler
SALZBURGER ADVENTSINGEN
10/10/12 Lang steht die Welt nicht mehr! Beim traditionellen Pressegespräch des Salzburger Adventsingens hat der langjährige Bühnenbildner Dietmar Solt seine diesjährigen Ideen in Form einer 3D-Animation vorgestellt. Nicht ohne zu verraten, dass diesem virtuellen Entwurf die traditionelle Arbeit mit Blatt und Pinsel vorangehe.
Von Reinhard Kriechbaum
Die neuen Medien haben also voll zugeschlagen. Freilich: Tiefer und weniger breit macht auch eine Animation, die an den IKEA-Küchenplaner erinnert, den Raum vor dem Eisernen Vorhang im Großen Festspielhaus nicht. Dort wird man sich also auch bei der Wiederaufnahme von Tobias Reisers szenischem Oratorium „Sonst bliebe es ein Traum“ nach der Decke strecken müssen.
Eine ganz entscheidende Neuerung: Man setzt fürderhin auf echte Schauspieler. Adventsingen-Leiter Hans Köhl sieht darin einen „Sprung zur Professionalisierung“: „Erstmals wählen wir nicht aus einem Kollegium von Laienschauspielern aus.“ Die neue Regisseurin Caroline Richards hat ein Ensemble zusammengestellt, dem unter anderem die lange in München engagierte Doris Goldner und der derzeit im Landestheater Niederösterreich engagierte Rainer Doppler angehören. Alexandra Tichy kennt man in Salzburg noch aus Landestheater-Zeiten, Irmgard Sohm ist hierzulande auch keine Unbekannte.
Das Gesangs-Kernteam beim Adventsingen ist seit vielen Jahren stabil: Simone Vierlinger ist wieder die Maria, Bernhard Teufl der Josef, Ilse Grießenauer singt und spielt die Elisabeth und Magdalena Hinz den Engel, der heuer leibhaftig auftritt. Für die Sopranistin Simone Vierlinger sei das Adventsingen die erste große Bühnen-Herausforderung gewesen, unterdessen baue sie eine schöne Karriere auf, freut sich der Dirigent Herbert Böck. Das Adventsingen habe also manchmal Sprungbrettfunktion.
Tobias Reisers szenisches Oratorium „Sonst bliebe es ein Traum“ war von 1989 bis 1991 zu sehen, Wiederaufnahmen gab es 1995 und 2005. Natürlich wird immer wieder nachjustiert, so wird es diesmal gar 52 statt ursprünglich 30 Musiknummern geben, bei gleicher Spieldauer. Man erreiche viel mit Verdichtung, erklärt Hans Köhl. Klemens Vereno ist der Komponist. Dass das neu Geschriebene und die Volksmusik wie selbstverständlich ineinanderfließen, zeichne das Adventsingen aus, so der musikalische Leiter Herbert Böck.
Carloline Richards, sonst vor allem im Kinder- und Jugendtheaterbereich im Kleinen Theater tätig, ist als Regisseurin also nun mit ganz anderen Dimensionen konfrontiert. Die gebürtige Engländerin, die Schauspiel an der Ecole Jacques Lecoq in Paris studiert hat, lebt und arbeitet seit 21 Jahren in Salzburg. „Eine extrem romantische Geschichte, die sich nicht in der Realität verbohrt“, befindet sie über den Text von Tobias Reiser.
Beim Salzburger Heimatwerk zeigt man sich zufrieden über den Vorverkauf. 33.000 Karten kommen in den Verkauf. Eine auffallende Entwicklung sei, so der fürs Wirtschaftliche Verantwortliche Stefan Sperr, „dass Nachmittagsvorstellungen immer beliebter werden“. Vier Vorstellungen seien bisher ausverkauft, generell seien die Karten in den teuersten Kategorien ebenfalls schon ausgebucht.
Das Lied „Stille Nacht“ ist verpönt beim Adventsingen, eben weil es ein Weihnachts- und kein Adventlied ist. Warum der Liedanfang trotzdem auftaucht auf der Musikliste? Man hat eine „Hirtenversion“ aufgestöbert, die zwar mit den Worten „Stille Nach, heilige Nacht“ anfängt, aber dann anders weitergeht. Ein uralter Mann in Flachau hat das Lied in den neunziger Jahren Volksliedforschern vorgesungen.