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Glöckler, Fackeltänzer, Wilde Jagd

VOLKSKULTUR / JUNG ALPENLAND

19/10/22 Es ist nicht irgendeine Brauchtumsgruppe auf dem weiten Feld der Salzburger Volkskultur: Am vergangenen Samstag (15.10.) hat Jung Alpenland das 75-Jahre-Jubiläum gefeiert. Dazu ist eine bemerkenswerte Festschrift erschienen.

Von Reinhard Kriechbaum

Eigentlich ist Jung Alpenland 1947 als Volkstanzgruppe gegründet worden, und mit einem öffentlichkeitswirksamen Tanz ist man auch zu jeder Festspieleröffnung präsent: Seit 25. Juli 1952 wird zu dem Anlass der Salzburger Fackeltanz aufgeführt, der damit eine beinahe so lange Geschichte hat wie der der Trägerverein dieses Brauchs. Obmann Alexander Wieland leitet den Fackeltanz seit 2008. Dass man in die Reihen der etwa achtzig bis hundert Tanzpaare auch Vertreterinnen und Vertreter migrantischer Kulturvereine aufnimmt, spricht für einen neuen Geist innerhalb der Salzburger Volkskultur.

Zu diesem neuen Geist gehört auch, sich der Vergangenheit zu stellen. Und die ist bei Jung Alpenland ja mehr als durchwachsen. Leute wie Kuno Brandauer und Tobi Reiser gehörten zu den Gründungsmitgliedern. Sie hatten sich bekanntlich in Zeiten des Nationalsozialismus eindeutig positioniert gehabt.

In der Festschrift, die nun zum Jubiläum herausgegeben wurde, gibt es einen lesenswerten Beitrag zur Gründungsgeschichte und vor allem zum zeitgeschichtlichen Kontext des Vereins. Der Autor, Peter F. Kramml, hat als Leiter des Hauses für Stadtgeschichte den geschärften Blick für die Bruchlinien. Amerikanisierung und Wiederbelebung der Volkskultur in den unmittelbaren Nachkriegsjahren, Entnazifizierung einerseits und Werben um „Ehemalige“ andrerseits – ein sehr disparates Verhältnis zur unmittelbar vergangenen Zeit und ihrer Wortführer prägte diese Zeit. Egal ob „Belastete“ oder „Minderbelastete“, spätestens mit Ende der Entnazifizierungsdiskussion 1949 kamen ja doch wieder die gleichen Leute in führende Positionen. Die Brauch-Pflege war da ganz besonders betroffen. So manche Brauch-Erklärungen, in der Nazi-Zeit aufgekommen, werden bis heute da und dort munter tradiert.

Eine Facette: Der Mittelschullehrer Eduard Heinrich (1905-1955) war nicht nur ein vehementer Kämpfer gegen Trunksucht. In der Hitler-Zeit war er im Gauamt für Volksgesundheit tätig.Den Nazis galt er trotzdem als unzuverlässig, weil zu katholisch.

Nach dem Krieg betrieb er die Buchhandlung „Neues Leben“ in der Bergstraße, die Zeit ihres Bestehens (bis in die jüngste Vergangenheit) ideologisch nicht ganz koscher wirkte. Heinrichs „Volksheim Altstadt“ an der Stadtmauer (Rudolfskai 35) war die erste Vereinsbleibe für Jung Alpenland. Solchen Grauwerten in der eigenen Geschichte stellt man sich sehr bewusst. Da kann Jung Alpenland gewiss manch ähnlichem Verein als Vorbild dienen.

Man pflegt einige volkskulturelle Knüller. Effektvolle Schaubräuche wie der Glöcklerlauf in der Stadt und eben der Fackeltanz zählen dazu. Um einen anderen Brauch – die Wilde Jagd – indes hält macht man ganz wenig Wind. Sie soll ein Ereignis wirklich für die bäuerliche Bevölkerung am Fuß des Untersberg bleiben. Da werden die Termine sorgsam geheim gehalten, um nur ja keine Schaulustigen anzulocken.

Am Samstag Nachmittag hat Jung Alpenland seine Jubiläumsveranstaltung mit dem Bindertanz im Hof der Residenz eröffnet, einem Beispiel für Handwerker-Tänze, wie sie in den Zünften in der Renaissance und im Frühbarock verbreitet waren.

www.jungalpenland.at
Bild: dpk-krie

 

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