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Volkskundler und Wandel-Kundler

HINTERGRUND / SALZBURGER FREILICHTMUSEUM

24/03/17 „Die Menschen, die heute ins Museum kommen, können anknüpfen an der Zeit der Großeltern, das waren die 1950er und 1960er Jahre“, sagt Michael Weese, seit Anfang Februar Direktor des Salzburger Freilichtmuseums. Was heißt das für ein Museum wie dieses?

Von Reinhard Kriechbaum

Es sei, so Weeses Überzeugung, nicht allein mit dem Bewahren alter Häuser und Gerätschaften getan. „Für viele Besucherinnen und Besucher ist wichtig geworden, mehr über die Lebenswelten zu erfahren“, sagt der neue Museumsleiter und beschreibt sein Berufsbild mit einem Satz kurz und prägnant: „Wir sind nicht nur Volkskundler, sondern Wandel-Kundler.“ Zu zeigen, wie sich die Lebensbedingungen und damit die Lebensqualität der Menschen änern, das steht als Leitmotiv über Michael Weeses künftiger Museumsarbeit. Stichwörter wie „Tankstelle“, „Landdiskothek“ oder „Die ersten Lagerhäuser“ fallen ihm ein.

Ein Beispiel: Seit ein paar Wochen läuft ein „Projekt Frendenverkehr“ initiiert vom Freilichmuseum: „Urlaub am Bauernhof“ ist ja keine Tourismusmasche der letzten paar Jahrzehnte. „Die professionelle Zimmervermietung auf Bauernhöfen besteht spätestens seit den 1960er Jahren“, erklärt Weese. Damals lief dieses Zusatzeinkommen unter den verheißungsvollen Bezeichnungen Fremdenzimmer und Fremdenverkehr.

„Das Freilichtmuseum ist bestrebt, die musealen Kernaufgaben näher an die heutige Zeit heranzuführen.“ Das bedeute, dass gesellschaftliche und bauliche Veränderungen auf dem Land – in dem konkreten Fall eben die Privatzimmervermietung – verstärkt berücksichtigt werden sollen. „Als erstes widmet sich das Freilichtmuseum der Geschichte der bäuerlichen touristischen Zimmervermietung. Ziel ist es, diese Periode des bäuerlichen Zuverdienstes im Freilichtmuseum abzubilden.“

Nach dem ersten Aufruf steckt Michael Weese voller Optimismus: „Erste Sammlungsaufrufe des Museums nach Fremdenzimmereinrichtung und dazu gehörigen Accessoire aus dieser Zeit waren unerwartet erfolgreich“, berichtet er. Der Rücklauf sei „enorm“ - sei es an Inventar, Fotoalben oder eben „Geschichten“. Die Voraussetzungen, solche Information unters Volk zu bringen, sind in Großgmain optimal. Schließlich ist das Salzburger Freilichtmuseum das größte und besucherstärkste seiner Art in Österreich. Um die 100.000 Besucher kommen jedes Jahr. Das Palmbuschenbinden am Samstag vor dem Palmsonntag ist traditionellerweise im Jahreslauf der erste Publikumsmagnet. An solchen besonderen Veranstaltungstagen können schon fünftausend Leute zugleich da sein.

Michael Weese berichtet vom hohen Identifikationsgrad seiner 28köpfigen Museumscrew und davon, dass die Aufsichtskräfte in der Saison bis zu sechzig Stunden Dienst pro Woche leisteten.

Was Weese mindestens so wichtig ist, wie das Bewahren der alten Bausubstanz: Dort, wo sie einst stand, ist ja jetzt keine Blindstelle. Die Nachfahren der ehemaligen Bewohner haben dort neu gebaut. Am Beispiel des „Bachhäusl“ (einst in Zell am See) ist das gut zu zeigen. Dieser Pinzgauer Sölde gilt eine druckfrische Publikation. Auf einem der Bilder sieht man das noch nicht abgetragene Holzhäuschen – und daneben das gesichtslose 0815-Gebäude. Aber freilich: Die Fenster im Neubau sind größer, die Lebensqualität für die Bewohner ist höher, auch wenn's architektonisch fragwürdig ist.

Das Wort „Sölde“ muss man den meisten heutigen Museumsbesuchern vermutlich erklären. So hieß der kleine Hof eines Söldners – und das wiederum war kein Berufssoldat, sondern nach heutigem Verständnis ein Nebenerwerbsbauer. Als Tagelöhner oder Handwerker musste er zusätzlich Geld, also einen Sold, verdienen.

Gemeinsam mit der Galerie im Traklhaus werden Fotokunstschaffende eingeladen, jene Orte im Land Salzburg aufzusuchen, von denen die im Freilichtmuseum aufgestellten Häuser stammen. Wie sieht es dort heutzutage aus?

Eine interessante neue Idee ist das neue Bauprojekt „Rainerkeusche“: Zur Zeit steht diese noch in Ramingstein. Im Sommer fahren nicht nur die Bau-Fachleute vom Museum in den Lungau. Das Abtragen, Nummerieren der Teile, die Interviews mit Zeitzeugen, die nötige Archivarbeit und dann eben der Wiederaufbau im Freilichtmuseum werden vom ORF begleitet. „Die Rainerkeusche soll“, so Weese an, „zu einem exemplarischen Zeugen regionaler Kulturgeschichte werden.“

Bilder: dpk-klaba (2); Salzburger Freilichtmuseum (1)
Zur Meldung Holzbadewanne und Plumpsklo

 

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