Anziehend und fesselnd
REST DER WELT / EISENSTADT / HAYDNFESTSPIELE
15/09/11 Auch Eisenstadt kann mit anderen Festspielen in puncto Auslastung mithalten. Einer der schönsten österreichischen Konzertsäle im Schloss Esterhazy ist nahezu immer ausverkauft und bietet glanzvolle Höhepunkte, wie etwa die Cellistin Sol Gabetta in einem Stück für Cello und Frauenstimme.
VON WOLFGANG STERN
Vom 8. bis zum 18. September ist wieder Hochsaison in Eisenstadt. „Haydn & Die Neue Welt“ ist das diesjährige Thema; neben einem internationalen Symposion sind wieder Stars im Burgenland vertreten, die einen Ausflug in die Landeshauptstadt empfehlenswert machen.
Nach Halbzeit des Festivals gastierte das Kammerorchester Basel, ein Ensemble, das sich nicht nur in letzter Zeit einen Namen unter dieser Spezies gemacht hat. Ohne Dirigent agierend und von der in Basel geborenen japanischen Konzertmeisterin, Yuki Kasai, geführt, stand Joseph Haydns Schaffen im Mittelpunkt. Zwei Symphonien (Nr. 84 und Nr. 45, die sogenannte Abschiedssymphonie) gaben dem Orchester Gelegenheit, die Qualität im Gesamtklang unter Beweis zu stellen. Viel Blickkontakt und Freude am Musizieren sind wohl ausschlaggebend, um sensible Klassiker wie Haydn entsprechend wiedergeben zu können. Yuki Kasai war eine energische Konzertmeisterin, besonders in den Ecksätzen.
Samuel Barbers Adagio for Strings aus dem Jahre 1938, ein Arrangement für Streichorchester vom zweiten Satz seines Streichquartetts, wurde sogar unter Arturo Toscanini uraufgeführt. Das eher herzwarme Stück ließ den Musikern viel Freiraum und wurde übrigens relativ häufig für Beerdigungen (Roosevelt, J.F. Kennedy, Rainier III. von Monaco) eingesetzt.
Danach hatte Sol Gabetta ihren charmant-sicheren Auftritt. Die Cellistin der Weltklasse besitzt viel Feingefühl – und ein Guagadnini-Cello aus dem Jahre 1759. Schon die ersten Töne im Haydn-Cellokonzert C-Dur, Hob. VIIb:1, fesseln. Sie spielt ungeniert, meistert geradezu spielerisch die schwierigsten Passagen und zeigt ihre große Klasse in den Kadenzen des ersten und zweiten Satzes. Das Orchester lässt der Interpretin den Vortritt und stellt sich dabei als idealer Begleiter dar. Das Besondere des Abends war dann doch wohl die Wiedergabe des 2. Satzes aus Gramata Cellam (deutsch: Das Buch für Violoncello) des Letten Peteris Vasks, der seine Vorliebe zu diesem Instrument nicht verheimlicht und mit David Geringas eine enge Zusammenarbeit pflegte. Das Stück für Cello solo und eine Frauenstimme (in diesem Fall die Musikerin selbst) ist ein zweistimmiges, in dem zum Instrument abstrakte, vokale Töne hinzukommen. „Dolcissimo“, so die Satzbezeichnung, zeigt, wie kreativ die Komponisten im Baltikum arbeiten und damit auch Erfolg haben.
Tags darauf fand sich der Hausherr mit dem Hausorchester ein: Adam Fischer und die Österreichisch-Ungarische Haydn-Philharmonie präsentierten sich rein klassisch. Zweimal Haydn (die Symphonien Nr. 85 „La Reine“ und Nr. 88) und dazu Mozarts Prager Sinfonie. Ohrwürmer, wie man sie eben liebt. Auswendig leitete Fischer seine Musiker durch die Partitur. Absolut engagiert und souverän folgte man dem nahezu aufs Minimum reduziert agierenden Maestro. Ein Dirigent dieses Formats, der seine positive Energie auf die Musiker übertragen kann, nimmt sich Zeit für jedes Detail. Mit Erfolg lässt er zwischendurch kammermusikalisch musizieren und legt besonderes Augenmerk auf dynamische Möglichkeiten.