"Olymps next Top-Nymphe"
LINZ / "PLATEE"
22.02.2010 Wenn sich der Erfinder der Tragödie, die Muse der Komödie und der Gott des Spotts im Prolog der Oper treffen, kann dies nur zum Aushecken einer neuen Art des Schauspiels führen, in denen Menschen wie Götter gleichermaßen vorgeführt werden.
Von Norbert Trawöger
Der Götterchef sucht zwecks Scheinheirat "Olymps next Top-Nymphe". Jean-Philippe Rameaus Ballettkomödie “Platée” wurde 1745 bei der Vermählung des Sohns von Louis XV. mit der Prinzessin von Spanien uraufgeführt und ist jetzt im Linzer Landestheater zu erleben.
Letztlich passiert alles auf dem Rücken der ohnehin schon abgrundhässlichen Nymphe Platée: Sie ist Herrscherin über ein von Trockenheit bedrohtes Sumpfreich und dürstet nach Liebe. Merkur (Daniel Jenz) kündigt Jupiter - Florian Spiess mit sehr schöner Stimme - an, der Platée seine Liebe erklären will, aber doch nur, um seine vor Eifersucht tobende und mit einer Kettensäge ausgestattete Gattin Juno reinzulegen. Platée trieft nicht nur vor Schlamm, sondern auch vor sympathischer Naivität und watschelt als verarschter Single zurück in ihr Reich.
Spritzig und geistreich ist es Regisseur Anthony Pilavachy, in der betörenden Sumpflandschaft oder auf dem Hochzeitstortenthron von Tatjana Ivschina (Kostüme und Bühne), gelungen, die Handlung an unsere Zeit heranzukippen, ohne sie dabei im Casting-Morast absaufen zu lassen. Von illustrierender Punktgenauigkeit sind die eigentlich permanenten Balletteinlagen (Guido Markowitz) der acht Tänzerinnen und Tänzer der Linzer Compagnie. William Saerte verleiht der Platée schauspielerisches Großformat und eine reine Stimme, die in ihrer Spannungsintensität mitunter etwas niedertourig ist. Über eine einnehmend warme Stimmresonanz verfügt Elisabeth Breuer als Quellnymphe Clarine. Gotho Griesmeier ist als Narrheit ("La Folie") ein Vulkan, der immer wieder ausbricht. Der Chor zeigt sich nicht nur in den originellen Froschkostümen, sondern lässt auch eine qualitätvolle "Quakerei" hören.
"Platée" beschert im Linzer Landestheater einen kurzweiligen Abend auf sehr gutem szenischen wie stimmlichen Niveau. Das Bruckner Orchester unter Sigurd Hennemann findet mit viel Schwung hinein in die ungewohnte Klangwelt des französischen Hochbarock. Da lebt die Hoffnung auf, dass die stilistische Erkundungstour in das fremde Territoriums auch künftig weiterbetrieben wird. Alleine um vom Vokabular und der Phonetik dieser Musik noch mehr Besitz ergreifen zu können. Der erste Schritt ist getan.