Das macht die Bad Ischler Luft, Luft, Luft
LEHAR FESTIVAL / FRAU LUNA
18/07/22 Paul Linckes Operettenschlager Frau Luna, zweite Produktion des diesjährigen Lehár Festivals, dürfte zum Renner des Ischler Festivalsommers werden. Regisseur und Choreograf Ramesh Nair landet einen Volltreffer in einer Mischung aus Tanzrevue, Musical, Kömödie und Singspiel-Operette.
Von Elisabeth Aumiller
Mit Frau Luna feierte 1899, im Todesjahr von Johann Strauss, das Genre „Berliner Operette“ seinen Einstand. Mehrere spätere Bearbeitungen sicherten dem Werk den Dauererfolg. In Bad Ischl versprüht im neuen musikalischen Arrangement der jazzige Unterton zündende Funken ins Publikum und macht Ohrwürmer wie unter anderem Das macht die Berliner Luft, Luft, Luft, Schlösser die im Monde liegen, O Theophil, o Theophil, Schenk mir doch ein kleines bisschen Liebe und sämtliche Tanzsequenzen zu mitreissenden Hits.
Der Berliner Mechaniker Fritz Steppcke träumt davon, zum Mond zu fliegen und bastelt mit seinem Kameraden Pannecke einen Stratosphärenballon. Er legt sich schlafen und dann hebt der Ballon ab mitsamt Pannecke und Frau Pusebach. Die Berliner sorgen bei den Mondbewohnern für vielerlei Turbulenzen bis sich alle Liebeswirren wieder entwirren. Aber zurück auf die Erde geht es nur mit dem putzigen Sphärenkreuzer von Frau Luna und Prinz Sternschnuppe, da Steppkes Expressballon inzwischen explodiert ist.
Ramesh Nair inzeniert und choreografiert pointiert, witzig, fantasievoll. Die zahlreichen mitreissenden Tanznummern mit ihren tänzerischen Effekten sind minutiös durchgeformt, jedes Detail sitzt, da gibt es keine Zufallsbewegung, auch wenn alles scheinbar spielerisch abläuft. Die Tänzerinnen und Tänzer leisten Großartiges, ebenso die singenden und sprechenden Darstellerinnen und Darsteller. Alles ist durchpulst von feurigem Temperament und schier unerschöpflicher Energie. Die Dialoge sind ansteckendes Lachfutter und jede der Gesangsnummern wird mit begeistertem Applaus honoriert. Der launigen, spritzigen und schönen Details sind es zu viele, als dass rechtens das eine oder andere besonders hervorzuheben wäre. Mit deftigem Humor berlinert Steppke und seine Wohngemeinschaft. Die Mondatmosphäre ist eine flirrende Glitzerwelt, aber im Beziehungsverhalten recht erdennah. Frau Luna zeigt sich eigenwillig, verbrämt mit kleinen Laszivitäten.
Patricia Nessy ist die fabelhafte Mondgöttin mit eleganter Attitüde, überzeugend auch im stimmlichem Format und ihrer gesanglichen Leistung. Ramesh Nair ist als Prinz Sternschnuppe tänzerischer Mittelpunkt und Impulsgeber sowie kapriziöser Charakterdarsteller. Sympathisch und rollengerecht ist Anna Overbecks Stella, ebenso die Marie Pusebach von Lena Poppe, die obendrein als Mondgroom mit der Glühwürmchen- Melodie als Musical-Begabung gefällt. Michael Zabanoff ist der stattlich präsente Mond-Haushofmeister Theophil, der in Frau Pusebach diejenige erkennt, der er einst bei einer Mondfinsternis das Herz gebrochen hat.
Die Berliner, der Steppcke von Kaj-Louis Lucke und der Pannecke von Niklas-Sven Kerck, sind Komiker mit Pfiff. Susanne Hirschler gibt überzeugend die aufmüpfig-rechthaberische, berlinernde Witwe Pusebach mit rauhem Charme als Original und Erzkomödiantin. Die Ausstattung der Bühne (Toto) ist stückgerecht passend, schlicht, dem Tanz den nötigen Raum gewährend und der Mondatmosphäre helle Leichtigkeit verleihend. Die Kostüme (Sven Bindseil) sind glänzende Blickfänger.
Wesentlicher Bestandteil zum Gelingen des sprudelnden Theatererlebnisses ist die musikalische Seite mit dem Franz Lehár Orchester unter der Leitung von Christoph Huber. Dieser sorgt für punktgenaue Rhythmik, forsche Tempi, guten Kontakt zwischen Graben und Bühne und gibt auch den Ohrwurm-Melodien die Zeit zum Blühen. Am Ende Jubel, Heiterkeit und rhythmisches Mitklatschen zur Berliner Luft.
Lehár Festival Bad Ischl – bis 28. August – die dritte Premiere gilt am 12. August Franz Lehárs Frühwerk „Wiener Frauen“ – www.leharfestival.at
Bilder: Lehàr Festival / www.fotohofer.at