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Adels-Untergang im Funkensprühen

BAD ISCHL / DIE CSARDASFÜRSTIN

12/07/21 Die Csárdásfürstin leitet das Sechzig-Jahre-Jubiläum des Lehár Festivals Bad Ischl ein. Es wurde ein rauschender Erfolg für den Regisseur und Intendanten Thomas Enzinger und alle Mitwirkenden.

Von Elisabeth Aumiller

Emmerich Kálmán komponierte einen Großteil seiner Erfolgsoperette Die Csárdásfürstin in Bad Ischl. 1961 eröffnete dieses Stück die ersten Operettenwochen, wie sie damals hießen. In den 1990er Jahren wurden diese in Operettenfestspiele umbenannt, bis sie schließlich Enzingers Vorgänger Michel Lakner ins Lehár Festival Bad Ischl verwandelte.

Kálmán begann mit der Komposition 1914, die Uraufführung erfolgte Ende November 1915 in Wien mitten im Ersten Weltkrieg. Die Wiege der Csárdásfürstin stand somit am Schnittpunkt einer entscheidenden Zeitenwende, zu der die Neuinszenierung einen Bezug herstellt in Form eines Conférenciers, der auf den Bruch der damaligen Gesellschaftsordnung und ihrer Maximen und Vergnügungen verweist. „Wenn die Monarchie zugrunde geht, soll sie anständig zugrunde gehen“, beschwört er das Szenarium, meint aber auch „was wäre die Welt ohne Varieté“ und dann wird auf die Zukunft und auf die Vergangenheit angestoßen. Zum monarchischen Hintergrund sind auf eingeblendeten Leinwandprojektionen originale Filme von Kaiser Franz Joseph und aus dem damaligen Wien zu sehen sowie Hinweise auf die morganatische Ehe und Ermordung Franz Ferdinands.

In der Operette geht es um den Zwiespalt der Liebe zwischen dem Fürstensohn Edwin und der Chansonette Silva Varescu, die in Budapest der große Varieté-Star ist. Solche gesellschaftliche Mesalliance kann natürlich Edwins Vater, Fürst von und zu Lippert-Weylersheim, nicht zulassen. Edwin soll seine Cousine Komtesse Stasi heiraten. Da geraten die Gefühle in Aufruhr und stiften unüberbrückbare Verwirrung, bis der Fürst durch Feri zur bitteren Erkenntnis gelangt, dass die verwitwete Gräfin, die er geheiratet hat, keineswegs blaues Blut in ihren Adern hat.

Thomas Enzinger belegt sehr überzeugend sein Motto, „heutige Erzählformen zu finden, ohne das Genre zu verraten“. Das gelingt ihm exzellent in hervorragender Personenregie im Ambiente reizvoller Ausstattung (Bühne Toto, Kostüme Sven Bindseil). Er bleibt stückgetreu, würzt mit parodierenden Elementen in Sachen Adel, gibt Raum für Gefühlsregungen des Liebespaars, stattet das Buffopaar mit einer guten Portion Situationskomik aus und besticht mit hinreißender Turbulenz in den Revuetänzen aus heutig orientiertem Bewegungsvokabular (Choreografie Eva Maria Mayer).

Ursula Pfitzner gibt eine erstklassige Silva Varescu, überzeugt gesanglich mit hervoragend geführter Stimme und vollmundigem Einsatz. Sie verfügt über eine Skala von Zwischentönen wie auch über Eleganz und Ausdrucksstärke im differenzierten Spieleinsatz. Thomas Blondelle, in kaiserlicher Uniform, gefällt mit tenoralen Qualitäten, als Figur bleibt er etwas „adelig“ distanziert. Wunderschön singen die beiden das nostalgische Duett Weißt Du es noch.

Matthias Störmer als Graf Boni spielt virtuos und unermüdlich auf der kabarettistischen Klaviatur und zwitschert mit ungarisch gefärbtem Akzent. Manchmal wäre eine Spur weniger Übereifer in der Darstellung ein Mehr an Witz. Aber mit seinem reichen Pool an Späßen macht er sich zum Publikumsliebling. Hübsch, lebendig und lustig zeigt auch Loes Cools Komtesse Stasi Talent für Komik und gesangliche Meriten. Auf den Leib geschrieben scheint Kurt Schreibmayer die Figur des adeligen Feri, des früheren Verehrers von Fürstin Anthilte, die Uschi Plautz in köstlicher Komödiantik charakterisiert, ebenso wie Josef Forstner als ihr verstörter Angetrauter Fürst Lippert-Weylersheim.

 

Zur drahtziehenden Figur im Stück wird der Conférencier von Kurt Hexmann, der auch wechselweise in die Rolle des betulich strengen Oberleutnants Eugen von Grohnsdorf schlüpft und diverse darstellerische Facetten auf Lager hat. Sprühend vor Freude, endlich wieder vor vollem Haus auftreten zu können, ließen das erstklassige Gesangs-Ensemble, die energiegeladene Revue-Tanztruppe und das spritzige Orchester die Funken fliegen und entzündeten flammende Begeisterung beim Publikum.

Musikstilistische Kompetenz ist dem ungarisch gebürtigen Dirigenten László Gyükér selbstverständlich. Er gibt mit dem Lehár-Orchester der Fülle mitreißender Melodien und Tanzrhytmen wie etwa Ganz ohne Weiber geht die Chose nicht, Die Mädis, die Mädis, oder Tanzen möcht‘ ich zündende Brillanz und nährt im Verein mit den Gesangs- und Tanzkünstlern erneut die zeitlose Erfolgsgeschichte der Csárdásfürstin.

Aufführungen bis 29. August – Die zweite Premiere des Lehár Festivals gilt am 17. Juli dem „Zarewitsch“. Am 13. August wird das biographische Lehár-Pasticcio „Dein war mein ganzes Herz“ uraufgeführt – www.leharfestival.at
Bilder: Lehár Festival / www.fotohofer.at

 

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