Penthesileia im Schlachthaus
REST DER WELT / LITSCHAU / THEATERFESTIVAL
06/08/19 Diskussion über den Gugelhupf statt dramatisierter Bildungsroman? Die Begegnung mit Stücken, die „explizit für das Theater geschrieben wurden“, verspricht das Theaterfestival HIN & WEG. Tage für zeitgenössische Theaterunterhaltung von 9. bis 18. August in Litschau, der nördlichsten Stadt Österreichs.
Von Heidemarie Klabacher
Ganz oben in Österreich - ist der Werbespruch der Stadt Litschau im Waldviertel. Theater in großen, kleineren und ganz kleinen Formaten - bringt das zum zweiten Mal in Litschau stattfindende Theaterfestival HIN & WEG. Motto 2019 sind die beiden „emotional besetzten Begriffe“ Spiegel & Geld: „Theater ist immer auch Spiegel seiner Zeit und zeitgenössische Dramatik reflektiert die Entwicklungen in unserer Gesellschaft. Geld ist oftmals das bestimmende Thema für das menschliche Leben. Woher kommt das Geld, wer macht es, was macht es mit uns und was ist das Geld der Zukunft?“
Die künstlerischen Leiter von HIN & WEG sind der Regisseur und Festivalgründer Zeno Stanek, die Schauspielerin und Produzentin Katharina Stemberger sowie der Musiker Ernst Molden. Das Festival dauert von 9. bis 18. August. Um die Leitmotive Spiegel & Geld kreise das Programm mit Aufführungen, Diskussionen, Workshops- und Sonderprojekten. Die Zusammenarbeit mit Institutionen wie dem Max Reinhardt-Seminar und der Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien bringe, so die Veranstalter, „viele junge Künstlerinnen und Künstler nach Litschau“.
An zahlreichen Spielorten in und um Litschau, im Herrenseetheater oder im Theater Brauhaus im benachtbarten Hörmanns stehen insgesamt 140 theatralische Veranstaltungen auf dem Plan, darunter vierzig Aufführungen von zwanzig Stücken aus Deutschland, der Schweiz, Frankreich und Österreich vor allem an den Wochenenden. Unter der Woche finden Workshops zu Schauspiel, Regie, Improvisation, Sprechen, dramatischem Schreiben, Maskenspiel oder Hörspiel statt.
Zu Gast sind das Steudltenn Festival, das Luzerner Theater oder das Metropol Theater München. Einige der Produktionen, wurden, so die Verantwortlichen, speziell für das Festival entwickelt, wie etwa Alles kann passieren von Doron Rabinovici oder vom Festival produziert, wie Eine pornografische Beziehung von Philippe Blasband. Eine „sehr spezielle“ Uraufführung sei mit Sus scrofa - Das Schwein von Barbara Geiger auch dabei.
„Dazu kommen dreißig szenische Lesungen von 14 großteils noch nicht uraufgeführten Theaterstücken an ungewöhn-lichen Orten in der Stadt, vom Feuerwehrhaus über die alte Strickereifabrik und einen ehemaligen Supermarkt bis zum Feuerwehrhaus“, berichten die Verantwortlichen. Anne Bennent gestaltet, begleitet von Karl Ritter, eine szenische Lesung von Kleists Penthesileia im Schlachthaus (wie passend) der Fleischerei Geitzenauer.
Lesungen von Theodora Bauer, Julian Schutting, Franzobel oder Peter Neugschwenter sowie Küchenlesungen in privaten Häusern und Gärten in Litschau ergänzen das mit Hörspielen, Singer-Songwriter-Konzerten, Matinee-Diskussionen (etwa zum Thema Gugelhupf) schier überbordende Programm, in dem selbstverständlich Sonderprojekte zum Mitmachen und ein Chorprojekt nicht fehlen.
Ein Dramatikerinnenworkshop für „Autorinnen und Autoren“ von 17 bis 24 Jahren unter Leitung von Christoph Brändle, eine öffentliche Probe und die Beiträge mehrerer artists*in residence bereichern, so die Ankündigung, das Festivalgeschehen „durch ihre vor Ort in Litschau entstehenden kreativen Projekte“.
Ein Auszug der Liste der Mitwirkenden ist ein kleiner Who is Who der Szene und reicht von Anne Bennent über Wolfram Berger, Bernhard Fellinger, Dieter Chmelar, Alicia Edelweiss, Franzobel, Andy Hallwaxx, Doris Hindinger, Alexander Jagsch, Voodoo Jürgens, Hans-Peter Kellner, Erika Mottl, Nicholas Ofczarek, Fritz Ostermayer, Andreas Patton, Ernst Molden, Ewald Nowotny, Doron Rabinovici, Karl Ritter, Alina Schaller, Florian Scheuba, Julian Schutting, Christa und Kurt Schwersik über Katharina Stemberger bis zu Brigitte Winkler oder Johannes Zeiler.