Von Frauenhand geschaffen
BELVEDERE / AUSSTELLUNG / STADT DER FRAUEN
29/01/19 Ob das Geschlecht hinter der Hand, die das Werkzeug führt, eine Rolle spielt? Vielleicht. Vielleicht nicht. Jedenfalls zeigt das Belvedere mit der Ausstellung Stadt der Frauen bis Mai Seltenheiten: Werke von Künstlerinnen, die zum Teil seit drei Generationen nicht mehr öffentlich zu sehen waren.
„Bilder dieser großartigen Frauen waren teils auf Dachböden gelagert oder in Depots versteckt, ohne dass es jemand wusste. Wir bringen somit eine wichtige Seite der Kunstgeschichte im wahrsten Sinn des Wortes wieder ans Licht“, sagt Sabine Fellner, die Kuratorin der Schau.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren Frauen im Kunstgeschehen Wiens fest verankert. Sie stellten auf Augenhöhe mit Gustav Klimt oder Egon Schiele aus und leisteten bemerkenswerte Beiträge zur Epoche der Wiener Moderne. Mit dem Anschluss 1938 wurden sie aus der Kunstgeschichte verbannt und vergessen.
Die Ausstellung Stadt der Frauen - Künstlerinnen in Wien von 1900 bis 1938 versucht, jene Künstlerinnen aus dem Schatten zu rücken und ihre Leistungen zu würdigen. „Das Belvedere ist berühmt für seine Sammlung aus der Zeit der Wiener Moderne. Umso mehr ist es mir ein großes Anliegen, die vergessene weibliche Seite dieser Epoche in ihrer ganzen Reichweite wieder sichtbar zu machen. Die Künstlerinnen jener Jahre waren und sind eine große Inspiration. Ihren Werken wurde völlig zu Unrecht fast ein Jahrhundert lang kaum Beachtung geschenkt“, meint Stella Rollig, Generaldirektorin des Belvedere.
Mit Arbeiten von rund sechzig Künstlerinnen bietet die Schau einen umfassenden Rückblick auf das Kunstschaffen von Frauen in den Jahrzehnten zwischen 1900 und 1938, und ist damit die bislang umfangreichste Dokumentation der Kunst von Frauen in der Wiener Moderne seit dem Zweiten Weltkrieg.
Die Ausstellung verfolgt chronologisch die Biografien der Künstlerinnen und veranschaulicht so eindrücklich, in welchem Maß die klassische Moderne von Künstlerinnen geprägt wurde. Ihre Werke waren in allen wichtigen Stilrichtungen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts vertreten - im Stimmungsimpressionismus, Secessionismus, Expressionismus, Kinetismus oder der Neuen Sachlichkeit. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts eroberten sich Frauen sukzessive einen Platz in der Kunstwelt der Wiener Moderne.
Teresa Feodorowna Ries, Elena Luksch-Makowsky, Emilie Mediz-Pelikan oder Helene Funke schafften es, sich beachtlich Karrieren aufzubauen. Der Zugang zur Akademie der Bildenden Künste war ihnen damals noch versperrt, und es mangelte an Präsentationsmöglichkeiten. Sehr früh schon schlossen sich die Künstlerinnen daher zu eigenen Vereinen zusammen, etwa zur Vereinigung bildender Künstlerinnen Österreichs (VBKÖ). Ankäufe durch die Staatsgalerie zeigen, dass diese Zusammenschlüsse erfolgreich waren. Ende der 1920er-, Anfang der 1930er-Jahre waren Künstlerinnen inzwischen deutlich präsent und ein unübersehbarer Teil der Avantgarde.
Waren Frauen zunächst auf Bereiche wie Blumen- oder Landschaftsmalerei reduziert gewesen, besetzten sie bereits seit der Jahrhundertwende neue Genres: Aktmalerei, sozialkritische und politische Sujets. Das NS-Regime und der Zweite Weltkrieg führten dazu, dass nicht mit dem engen Kunstverständnis der Ideologie vereinbare Arbeiten aus Museen, Galerien und der Kunstgeschichte verschwanden. Viele Künstlerinnen (wie auch Künstler) waren jüdischer Herkunft und mussten flüchten oder wurden durch den eingebrochenen Kunstmarkt ins Exil gezwungen. Erst in den letzten Jahrzehnten begann die Aufarbeitung dieser Seite der Kunstgeschichte .