Land- statt Hauptstadttage
REST DER WELT / BURGENLAND / HAYDNFESTIVAL
31/08/17 28 Jahre lang konnte das Haydnfestival im wunderschönen Saal des Schlosses Esterhazy in Eisenstadt stattfinden. Unüberbrückbare Differenzen zwischen dem Land und der Esterhazy Gruppe zwangen die Intendanz, neue Wege zu suchen. Nun wurden daraus zeitlich vorverlegte Haydn-Landtage, die noch bis 3. September dauern.
Von Wolfgang Stern
Leider eskalierte der Kulturstreit im Burgenland. Das im internationalen Musikfestivalkalender etablierte Haydnfestival wurde aus dem Schloss in Eisenstadt rauskomplimentiert. Stattdessen veranstaltet die Esterhazygruppe vom 6.9. bis zum 16.9.2017 ihr eigenes Festival unter dem Titel „Herbstgold“. Wer überleben wird, bleibt dahingestellt. Dass man einen Streit auf den Köpfen der Kultur- und speziell Musikinteressierten austrägt, ist eigentlich peinlich. Vorausschauend auf das Jahr 2018 gehen die Differenzen so weit, dass das Opernfestival im Römersteinbruch in St. Margarethen (Verdis Troubadour war geplant) abgesagt wurde. Ein Schaden, der die Region insgesamt schwer trifft. Es hängen auch Arbeitsplätze dran, und beträchtliche Steuergelder gehen auch flöten.
Ähnlich dem angesehenen Schleswig-Holstein-Festival geht man nun auch auf das Land und besucht Konzerte an Originalschauplätzen des großen Musikers. Die Konzerte finden zwischen Wien, Kittsee, Fertöd (ehemaliges Esterhazyschloss in Ungarn) und Raiding statt. Im Festsaal der Akademie der Wissenschaften, wo einst auch zu Ehren Joseph Haydns in seiner Anwesenheit 1808 ein Konzert stattfand, bei dem ihn Ludwig van Beethoven bewunderte, eröffnete man mit der „Schöpfung“.
Für Bachs Solocellosonaten erwies sich der Rundbau der Bergkirche in Eisenstadt als ein idealer Raum. Nicht zum ersten Mal gastierte Mischa Maisky im Burgenland. Trotz des vollbesetzten Kirchenraumes kam es zu einer besonderer Konzentration im Auditorium. Auf Bach und Maisky sollte man auch in Zukunft bauen.
In einem Nebengebäude des Schlosses Rohrau gab es tags darauf herzerfrischende Klänge eines jungen und bereits mehrmals preisgekrönten Streichquartettes. Zusammen mit dem Begründer, dem Japaner Yuta Takase, bilden drei junge Damen aus Taiwan und der Schweiz das Pacific Quartett Vienna. Sicher und mit viel Elan führte er seine Mitstreiterinnen durch Werke von Joseph Haydn und Maurice Ravel, dessen Streichquartett in F-Dur, op 35 zum Matinee-Highlight wurde.
Von Rohrau ging es am selben Tag ins Burgenland nach Raiding ins Liszthaus. Hier zeigte sich bereits ein erster Einbruch beim Kartenverkauf, denn während das Kammerorchester Basel in Eisenstadt den Haydnsaal füllen konnte, blieben im kleineren Saal in Raiding Plätze leer. Das bisherige Stammpublikum blieb trotz des Einsatzes von Shuttlebussen teils fern und muss erst für die neuen Wege und Ziele gewonnen werden.
Das Kammerorchester Basel agierte ohne Dirigenten. Man hatte Noten von Schubert und Haydn Haydns Späße konnte man in der 83. Symphonie („La poule“) bewundern. Das Basler Kammerorchester wird als großes Projekt zusammen mit Il Giardino Armonico in nächster Zeit alle 107 Haydn-Symphonien einspielen. Der jugendliche Elan des Ensembles zeigte sich auch im Violinkonzert C-Dur, Hob. VIIa:1, in dem Renaud Capuçon den Solopart übernahm. Schuberts Quartett „Der Tod und das Mädchen“ in kleiner Streichorchesterbesetzung war spannungsgeladen.
Am Wochenende (bis 3.9.) stehen eine Aufführung der „Harmoniemesse“ unter Adam Fischer in der Basilika Frauenkirchen auf dem Programm, Dort singt auch der Schönberg-Chor unter Adam Fischers Leitung „Die Jahreszeiten“, und das Danish Chamber Orchestra ist in Raiding zu Gast. Piotr Beczała gibt in Halbthurn einen Liederabend.