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Einträchtig kontrastierend

TRAUNSTEINER SOMMERKONZERTE / ACIES & ATRIUM QUARTETT

04/09/13 Die Traunsteiner Sommerkonzerte machten es möglich, gleich zwei relativ junge Quartettformationen an einem Abend zu erleben. Webern, Mendelssohn – und ein Spot auf den Komponisten Mieczyslaw Weinberg.

Von Horst Reischenböck

112Zur Einstimmung der langsame Satz in Es-Dur von Anton Webern, der als 22jähriger sein Tonmaterial noch nicht radikal reduzierte, vielmehr absolut spätromantisch beeinflusst war. Klangschön und überlegt spielte das österreichische Acies Quartett, das seit 2006 in der Besetzung – die Geiger Benjamin Ziervogel und Raphael Kasprian, Manfred Plessel, Bratsche, und Cellist Thomas Wiesflecker – musiziert und bereits mehrfach durch Preise gewürdigt wurde.

Zu ihnen gesellte sich am Dienstag (3.9.) auf dem Podium im Kunstraum Klosterkirche das erstmals bei den Traunsteiner Sommerkonzerten gastierende, seit 13 Jahren bestehende Atrium Quartett aus St. Petersburg. Ging es doch um des 16jährigen Felix Mendelssohns grandios reifes Es-Dur-Oktett op. 20. Leider eine Rarität, nicht oft zu hören, weil an der unteren Besetzungsgrenze hin zum Kammerorchesters angesiedelt. Sonst bedarf es eben zweier aufeinander eingestimmter Streichquartettformationen, die sich im konkreten Fall trotz wahrscheinlich zeitlich beschränkter Proben formidabel ergänzten. Wobei sich Primarius Alexey Naumenko, weil oftmals die Melodie führend, mit seiner Violine doch klanglich abhob. Anton Ilyunin am 2. Pult verströmte sichtlich Freude an dieser Musik. Dmitri Pitulko, Viola, und die kraftvoll engagierte Anna Gorelowa am Violoncello paarten sich perfekt mit ihren Kollegen.

Schon dem Eingangssatz wurde entsprechend „Feuer“ unter dem Hintern gezündet, das Andante gefühlvoll ausgesungen. Danach das Kabinettstück, das von Goethes Walpurgisnacht im „Faust“ inspirierte irrlichternde Scherzo, mit dem Mendelssohn später, in reicher besetzter Instrumentierung, das Menuett seiner ersten offiziellen Sinfonie ersetzte. Hier brillant gesteigert durch wirbelnde Presto-Fugati, Auslöser für begeisterte Zustimmung für ein Werk, das nicht gerade zahlreiche Nachahmer fand. Darunter übrigens Dmitri Schostakowitsch mit zwei frühen Sätzen op. 11.

Die diesjährige Konzertreihe widmt sich einem bislang in unseren Breitengraden so gut wie nicht existenten Komponisten. Am ehesten kennt man den Polen Mieczyslaw Weinberg als Moisei Samuilovich Vainberg, weil nach seiner Flucht in die UdSSR dort eingebürgert wurde. Er und Schostakowitsch waren befreundet, animierten sich auch zu gegenseitigem Wettstreit, und Weinberg schuf ein Jahr nach dessen Tod seine 12. Sinfonie op. 114 „in Memoriam“.

Weinbergs Klavierquintett in f-Moll op. 18 war eins der ersten, 1944 in der Emigration entstandenen Werke. Es wirkt als Ganzes im Nachklang bedrückend, schon der Eröffnungssatz. Ihm schließen sich ein skurriles Scherzo und, fast bösartig, die Walzer-Karikatur einer Kaffeehauskapelle an. Nach dem tief Emotion auslotenden Largo mag auch das Finale in seinem Verdämmern keine positiven Aspekte liefern: aus damaliger Perspektive nicht verwunderlich. Leidenschaftlich und inspirierend hat das Atrium Quartett zusammen mit dem in Deutschland lebenden Pianisten Jascha Nemtsov musiziert. Dieser ist auch im verlauf der Woche Mentor in Sachen Weinberg bei den Traunsteiner Sommerkonzerten.

Bilder:  Acies Quartett/Lukas Beck (1);  Atrium Quartett/Gela Megrelidze (1)

 

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