Damals wie heute
MUSIKTAGE MONDSEE / AURYN QUARTETT
3008/20 Nach dem in Salzburg praktizierten Vorbild wagen sich auch intimere Festivals an Veranstaltungen über mehrere Tage hinweg. Mondsee ist seit über dreißig Jahren Ende August/Anfang September ein Mekka für Kammermusikfreunde. Das fürs Programm verantwortliche Auryn Quartett fokussiert sie heuer auf Béla Bartók.
Von Horst Reischenböck
„Musik in Zeiten des Umbruchs“: Als die Wahl auf dieses Motto fiel, war überhaupt noch nicht abzusehen, dass es punktgenau „in Zeiten wie diesen“ passen würde. Lokal bot sich ein spezieller Anknüpfungspunkt insofern an, als Bartók in den 1930er-Jahren an Hochschulkursen im Rahmen eines – ähnlich damaligen Sommerkursen am Mozarteum – in Mondsee etablierten Austro-American-Conservatory lehrte. Damals nutzte er übrigens die gelegenheit und besuchte Mozarts Geburtshaus.
Die Auryns haben nach vierzig Jahren gemeinsamen Musizierens für die kommende Saison ihren Abschied vom Konzertpodium angekündigt. Derzeit bieten sie mit handverlesenen Gästen neun Tage lang mit ausgewählten Streichquartetten oder auch Miniaturen einen abwechslungsreich spannenden Überblick in Bartóks Schaffen. Wobei Etliches zweifach erklingt, mit kleinen Änderungen im Ablauf und Angebot.
War‘s Freitag (28. 8.) nachmittags vorerst Franz Liszt am Beginn der festlichen Eröffnung, so ersetzte diesen am Abend Zoltán Kodály: Das vereinte beide Dioskuren, „Väter ungarischer Moderne“. Der ein Jahr jüngere Kodály vermied allerdings in seiner Klangsprache die oftmalige Schroffheit seines Freundes Bartók, selbst in seiner grandiosen, eben aber wesentlich konzilianter anmutenden Sonate für Violoncello solo op. 8.
Die Cellistin Quirine Viersen, vom ehemaligen Festival-Leiter Heinrich Schiff protegierte Preisträgerin internationaler Wettbewerbe, gastierte auch schon bei den Salzburger Festspielen. Vom tiefsten Ton B – nicht C, verlangt doch Kodály in diesem Werk ein Umstimmen von Saiten – rauschte sie in den dramatischen Auftakt des Allegro maestoso und folgte entsprechend leidenschaftlich der Forderung „apassionato“ durch höchste Register ihres klangschönen Guarneri-Instruments. Genau so ergab sie sich „con grand‘ espressione“ im nachfolgenden Adagio rhapsodisch bis in wildem Gefühls-Aufruhr hinein und anschließender Resignation. Zuletzt begeisterte ihr Können nochmals im rustikalen Finale mit virtuos ausgespielten Doppelgriffen, Pizzikati und Tremoli.
Kodály und Bartók studierten in Budapest Komposition bei Hans Koessler, einem Freund von Johannes Brahms. Das bot einen Anknüpfungspunkt zu einer veritablen Entdeckung. Béla Bartóks frühes Klavierquintett in C-Dur op. 3 (BB 33 bzw. Sz 23), sein umfangreichstes Kammermusikwerk, ist immer noch kaum im Konzertbetrieb eingebunden. Es wurde in Wien uraufgeführt, Bartok hat das Stück aber später links liegen lassen, weil er es als zu spätromantisch angehaucht und nicht mehr als charakteristisch empfand. In Lockenhaus war das Stück im Vorjahr zu hören, nun bot man in Mondsee damit Einblick in Bartóks Werdegang und Entwicklung.
Noch „wagnert“ da das einleitende Andante, während es gleich nachfolgend im Allegro hörbar „brahmselt“. Das Vorbild bot wohl Brahms‘ f-Moll-Klavierkonzert, das am kommenden Samstag (5.9.) im letzten Konzert der Musiktage Mondsee zu hören sein wird. Absolut interessant und rhythmisch eigenständig gebärdet sich Bartóks durchkomponiertes Scherzo und zum Schluss bricht zigeunerisch feuriges Csárdás-Temperament durch, ähnlich wie ihm auch wieder Brahms in seinen Ungarischen Tänzen huldigte. Peter Orth (Klavier) zusammen mit dem Auryn Quartett – Matthias Lingenfelder und Jens Oppermann, Violine, Stewart Eaton, Viola, und Andreas Arndt, Cello – setzten sich leidenschaftlich und vom Publikum entsprechend bedankt für Bartóks Jugendwerk ein.