Und Ziegen lauschen draußen
MUSIKTAGE HUNDSMARKTMÜHLE / IRENA GRAFENAUER
21/06/19 Das Programm der sechsten Musiktage Hundsmarktmühle gilt Pan, dem Hirtengott - passend zur landschaftlich so überaus malerischen Lage der Mühle aus dem 16. Jahrhundert. Cornelia Herrmann, der Programm-Verantwortlichen, gelang es zum Auftakt 2019 mit Mozart und Debussy die Spitzen-Flötistin Irena Grafenauer zu gewinnen.
Von Horst Reischenböck
Kaum ist der Sommer da, sprießen überall kleine Festspiele hervor. Salzburger haben‘s einfach und nicht weit: Wie das rege Besucherinteresse am Donnerstag (20.6.) beweist, sind das zu Thalgau gehörende Museum in der Hundsmarktmühle - das heuer mit gleich sechs Ausstellungen 25 Jahre Bestehen feiert – und das kleine feine Festival längst kein Geheimtipp mehr.
Schön und liebevoll restauriert, bietet das alte Haus im Oberstock unter den Holztram des Dachs ein auch optisch ansprechendes für Kammermusik ideal geeignetes Ambiente. Von Cornelia Herrmann entdeckt, programmierte sie darin diesmal zur Sommersonnenwende ein Programm mit Blickpunkt auf den durch seine Flöte bekannt griechischen Hirtengott Pan. Da passt zum Motto „Schäfers Klage“ des heutigen Tages, dass sich Ziegen, draußen vor der offenen Türe grasen, durch Töne nicht stören lassen.
Das erfreuliche Wiedersehen/hören im Eröffnungskonzert galt Irena Grafenauer. Sie war jahrelang Professorin am Mozarteum. Aufnahmen belegen nach wie früher weltweites Konzertieren mit namhaften Orchestern. Gerade fürs Salzkammergut eigentlich naheliegend, dass sie am Beginn ihres Auftritts Mozarts Quartett C-Dur KV 285b bot, komponiert, wie es in einem seiner Briefe heißt, „für den indianischen holländer“ de Jean (resp. Dechamps) der freilich in Indien als Arzt gewirkt hat: Die gut gelaunt für einen dilettierenden Liebhaber komponierten zwei Sätze waren Vorgabe für Irena Grafenauer, sich darin zu verströmen. Auf ein aufgeräumt launisch spritziges Allegro folgen melodiöse Variationen, in denen sie hingebungsvoll mit Geigerin Mairéad Hickey, Elen Guloyan, Viola, und Cellist Ivan Karizna korrespondierte.
War Mozart durch Arbeitsüberlastung oder seiner aufkeimenden Zuneigung zu Aloisa Weber von solchen Gelegenheitsaufträgen wenig angetan und äußerte sein Missfallen über das Instrument, so inspirierte die Flöte Claude Achille Debussy rund 150 Jahre später zu seinem berühmten Pans Erwachen illustrierenden Prélude à l‘Après-midi d‘un faune oder seinem sinnlich die letzten Atemzüge des Gottes beschreibendes Solo Syrinx.
Animierte Gustav Mahler Hans Bethges Nachdichtung „Die chinesische Flöte“ zum „Lied von der Erde“, so war es auch Debussy gleichgültig, ob sein Freund Pierre Louÿs in den Chansons de Bilitis tatsächlich Poesie einer griechischen Hetäre übersetzte oder selbst dichtete. Nachdem Debussy, animiert vom erotischen Inhalt, bereits drei der Chansons vertont hatte, verfasste zu einer Präsentation des vollen Dutzends eine Bühnenmusik für je zwei Flöten, Harfen plus Celesta: Daraus zog er dann noch Six Épigraphes antiques als Klavierstücke. Bernard Chapron, selber Flötist, unternahm den Versuch, mit einem Arrangement für Flötenquartett in gewisser Weise Debussys originale Vorstellung zu verdeutlichen. In dieser Gestalt, und mit Peter Arp als Rezitator der Gedichte, eine Premiere, in der Irena Grafenauer subtile Töne perfekt ausgewogen mit dem Streichtrio mischte.
Zum Abschluss nahm Cornelia Herrmann am Flügel Platz. Mozarts herrisches Klavierquartett g-Moll KV 478 entsprach vorerst von der Stimmung her perfekt der stürmischen Witterung. Umso beglückender, als zum Andante inmitten dann die Abendsonne friedliche Strahlen in den Raum sandte.