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MATTSEER DIABELLI SOMMER / FESTLICHE ERÖFFNUNG
17/06/19 Der Start des Diabelli Sommers in der Stiftskirche Mattsee begeisterte einmal mehr als erlesener Kammermusikabend für Genießer und Kenner. Hochkarätige Solisten spielten am Freitag (14.6.) das Streichoktett B-Dur von Max Bruch und das Streichquintett C-Dur D956 von Franz Schubert - Spätwerke, geschrieben jeweils im Todesjahr ihrer Komponisten.
Von Elisabeth aumiller
Mit dem Oktett von Max Bruch gedachte das Festival des 99. Todestags des Komponisten, denn dessen hundertste Wiederkehr 2020 „würde vermutlich in den Beethoven-Feiern ertrinken“, sagte der künstlerische Leiter Gottfried Franz Kasparek in seiner Begrüßung. Bruch vollendete dieses sein letztes Werk im Frühjahr 1920, sieben Monate vor seinem Tod. Aber erst 1996, 76 Jahre danach, erlebte es seine Entdeckung, Drucklegung und Uraufführung. Bruch selbst ahnte zu Lebzeiten, dass man später seinen Namen hauptsächlich mit seinem g-Moll Violinkonzert in Verbindung bringen würde. Er galt als erzkonservativer Komponist, dessen unerschütterliches Credo die einschmeichelnde Melodik der Romantik war. Somit hinkte er seiner Zeit und ihren neuen Klangformen hinterher. Die Ablehnung der damaligen Avantgarde relativiert sich aber heute nach hundert Jahren in der Rezeption des Publikums. Die Zuhörer durften sich über eine abwechslungsreiche Fülle an Melodien erfreuen, die von den acht Streichern Benjamin Schmid, Darina Ugarte, Sophie Druml, Florian Moser, Lily Francis, Veronika Hagen, Franz und Matthias Bartolomey sowie Roberto di Ronza eindringlich und eindrucksvoll dargeboten wurde.
Kantable lyrische Bögen wechselten mit zupackenderen Passagen und immer wieder war der melodische Reichtum bestechend. Zarte Melancholie in feiner Rhythmik war dann im elegischen Adagio vorherrschend. Die Streicher gaben ihrem Wechselspiel mit solistischen Passagen eine farbenreiche Formgebung, die sie zum schönen Miteinander entwickelten und im Finale zu fülligem Klang in tanzender Rhythmik steigerten.
Hinkte Bruch seiner Zeit hinterher, so war Schubert in seinem Quintett seiner Zeit voraus. Den damals kühnen Harmonien wurde kein Verständnis entgegengebracht. Erst 22 Jahre nach seinem Tod kam das Werk 1850 in Wien zur öffentlichen Uraufführung und ging erst 1853 in Druck. „Franz Schuberts wundersames Streichquintett zählt zu den Kronjuwelen der abendländischen Musik und ist ein Vermächtnis an die ganze Menschheit“, sagte Gottfried F. Kasparek bei seinen einführenden Worten. Melodische Einfallskraft und Vielfalt, außergewöhnliche harmonische Verflechtungen, Intensität der Aussage überwältigen und verzaubern bei jeder Begegnung.
Allegro ma non troppo ist die erste Satzbezeichung. Die Geiger Benjamin Schmid und Dalina Ugarte, an der Bratsche Veronika Hagen und die Cellisten Vater und Sohn Franz und Matthias Bartolomey hielten sich im ersten Satz mehr an ein eiliges Allegro, gestalteten aber dann im Adagio den beispiellosen Klanggehalt im ruhigem Fließen feinster Schwebungen im Wechsel mit betörender Intensität. Schuberts melancholischer Unterton ist fast allen seinen Werken inherent, beim Quintett wird das gerne als abgründig schmerzerfrüllte Todesnähe gedeutet. Aber das ganze Quintett und besonders das Adagio wirkt viel mehr als hochmeditatives Œvre lichten Gehalts, dem tröstliche Kraft innewohnt, die Alltag und Erdenschwere vergessen lässt. Auffallend warm gerundet, ohne Härte fügten sich hier die pochenden Pizzikati des zweiten Cellos zu den Melodiebögen von Bratsche und erstem Cello im schönen Kontrast zum hellen Geigengesang. Zunehmend zum Finale hin wurde von den erstrangigen Ausführenden eine große Dichte an Klangkraft und -verflechtung erreicht, verbunden mit einer Fülle an differenzierten Schattierungen und durchsetzt von kraftvollen Aufschwüngen in rhythmisch prägnanten Ausformungen, die das grandiose Werk zum Leuchten brachten und nachhaltigen Eindruck hinterließen.
Seit mehr als 15 Jahren ist der Geiger Benjamin Schmid künstlerisch mit dem Diabelli Sommer verbunden, künftig ist er als Obmann des Vereins Mitgestalter des Programms. Der künstlerische Leiter Gottfried Franz Kasparek zeichnet seit zehn Jahren für den Erfolg des Diabelli Sommers verantwortlich. Ab 2020 wird Roberto di Ronza seine Nachfolge antreten. Landeshauptmann-Stellvertreter Heinrich Schellhorn sprach bei der Eröffnung in der Stiftskirche von Mattsee als einem „Hotspot für Musikbegeisterte, die ganz besondere Kultur genießen wollen“.
Der Mattseer Diabelli Sommer - www.diabellisommer.at
Bilder: dpk-Aumiller