asdf
 

Hausherr Sarastro macht Ordnung

OPERNHAUS ZÜRICH / ZAUBERFLÖTE

10/12/14 Die Bande zwischen Wien und Zürich sind in der Oper traditionell eng: Immer wieder ist das Opernhaus Zürich für die Staatsoper oder das Theater an der Wien ein willkommener Koproduktionspartner.

Von Oliver Schneider

Fabio Luisi folgte auf Franz Welser-Möst an der Limmat als Generalmusikdirektor, Philippe Jordan ist auch in seiner Heimatstadt sehr geschätzt. Nun hat Cornelius Meister, Chefdirigent des ORF Radio-Symphonieorchesters, das Trio mit seiner ersten Premiere zum Quartett erweitert: Er leitet am Pult des hauseigenen Barockorchesters La Scintilla eine äußerst lebendige Neuproduktion von Mozarts „Zauberflöte“: Sein Dirigat in Zürich drückt der eher durchwachsenen Neuproduktion einen deutlichen Stempel auf.

Dass sich auch bei Mozarts Spätwerk Facetten und Nuancen auf Originalinstrumenten deutlicher ausleuchten lassen, der Klang beweglicher ist, weiß man von René Jacobs und Nikolaus Harnoncourt, dem leider in Salzburg 2012 der falsche Raum zur Verfügung stand. Das Opernhaus Zürich bietet hingegen ideale Verhältnisse. Hier können Meister und die Musiker die Partitur rein, sauber und direkt in blitzend klaren Farben vermitteln. Und mit wie viel Begeisterung sie das machen!

Tatjana Gürbaca, vom Branchemagazin „Opernwelt“ 2013 zur Regisseurin des Jahres gekürt, steckte die üblichen Bravos und dieses Mal (mehr) Buhs für ihre Regiearbeit ein. In ihrer „Zauberflöte“ leben die Königin und ihre Damen in einem zerfallenen Haus, in dem sich bereits die Natur ihren Platz sucht. Vielleicht sind es hausbesetzende Revolutionäre, auf jeden Fall lassen die Kostüme erahnen, dass es kreative, offene Menschen sein müssen (Silke Willrett).

Die Drehbühne erlaubt rasche Szenenwechsel (Klaus Grünberg), was leider auch störende Geräusche mit sich bringt. Die Schlange zu Beginn, die sieht Tamino nur im Film – und der Zuschauer muss sie sich anhand der Videoprojektion auf einer der Fassaden kriechend vorstellen.

Sarastros Eingeweihte sorgen dann für Ordnung und sanieren das Haus, die Einöde darum verschwindet. Gleichzeitig hält aber auch eine gewisse Spießigkeit Einzug. Symptomatisch sitzen junge und alte Paare später in den Fensternischen bei einer Kaffeejause. Gürbaca betont auch das überkommene Mann-Frau-Klischee im Hause Sarastros. Nach der Hallenarie setzt er sich mit Monostatos ebenfalls zu Kaffee und Kuchen, während Pamina die beiden bedienen darf. Und am Ende des Abends müssen die bis dahin amazonenartigen drei Damen tote Waldschaben zusammenkehren, die im ersten Akt statt herziger wilder Tiere die Bühne zu Taminos „Wie stark ist nicht dein Zauberton“ bevölkern, später dann zur schwächlichen Armee der Königin werden.

Gegen die Grundidee ist nichts einzuwenden, Jung und Alt werden von Gürbacas Bildern abgeholt. Störend ist aber, dass die modernisierten Dialoge dem Werk die Melange aus großer Oper und Wiener Vorstadttheater mit dem Holzhammer ausgetrieben haben. Auch manche Regieeinfälle kamen einem bekannt vor.

Die Mitglieder des bis auf eine Ausnahme hauseigenen Ensembles steuern zum musikalischen Gelingen zum großen Teil solide Leistungen bei. Mauro Peter, der junge Schweizer Shooting-Star unter den lyrischen Tenören, ist ein charismatischer Tamino, der leider unvorteilhaft als Schlagersänger kostümiert ist. Ein bisschen Nervosität zu Beginn der Premiere verflüchtigte sich rasch. Sen Guo schmettert die Koloraturen der Königin messerscharf in den Zuschauerraum. Michael Laurenz als Monostatos, mit langem Bart und behaart wie ein Affe, singt seine Arie im gefühlvollen Piano, womit er der Partie neue Seiten abgewinnt. Seine Rolle ist von Gürbaca so „aufgewertet“, dass er Pamina als 68er Weltverbesserer gegenübertreten darf. Doch was bringts? Ruben Droles ungehobelter Papageno lässt gesanglich manche Wünsche offen, so sehr er typengerecht ins Konzept passt. Mari Eriksmoen, die demnächst im Theater an der Wien als Rosina in Paisiellos „Barbiere di Siviglia“ und als Susanna zu sehen sein wird, klingt etwas spröde im Vergleich zu vielen ihrer Rollenvorgängerinnen. Die drei hervorragenden Tölzer Knaben gaben schließlich schon im Vorfeld Anlass zu Unkenrufen der bisher bei „Zauberflöte“-Aufführungen berücksichtigten Lokalkonkurrenz.

Die Zauberflöte am Opernhaus Zürich - Vorstellungen bis 11. Januar 2015 - www.opernhaus.ch
Bilder: Opernhaus Zürich/Hans Jörg Michel

 

DrehPunktKultur - Die Salzburger Kulturzeitung im Internet ©2014