Als Wagner Hand an Gluck legte
REISEKULTUR / NÜRNBERG / GLUCK-OPERN-FESTSPIELE
11/07/14 Vor gut einer Woche, am 2. Juli, war der 300.Geburtstag von Christoph Willibald Gluck. Kein Termin, der sich weiß Gott wie stark in die Medien durchgeschlagen hätte. Wem zu wenig Gluck ist, der sollte sich baldigst aufmachen in Richtung Nürnberg.
Vom 14.bis 27. Juli finden in der Europäischen Metropolregion Nürnberg die Internationalen Gluck-Opern-Festspiele statt. Am Beginn steht „Iphigenie auf Tauris“ - bemerkenswerterweise nicht, wie man erwarten würde, in original klingender Fassung, sondern in jener Bearbeitung, die Richard Wagner erstellte. Wagner sah in Glucks Schöpfungen sein eigenes Gesamtkunstwerk vorformuliert. Damit lag er durchaus im Zeitgeist: Die deutsche Romantik erblickte in Glucks Opernschaffen ein Ideal. Zwischen „Tannhäuser“ und „Lohengrin“ bearbeitet der damalige Kapellmeister Wagner 1847 Glucks „Iphigenie in Aulis“ für die sächsische Hofoper. Es wurde weit mehr als eine Uminstrumentierung. Passagenweise kommt Wagners Version einer Neukomposition gleich, Vor-, Zwischen- und Nachspiele schrieb er neu.
„ReFORM und ReVISION“ ist der Titel der vierzehntägigen Gluck-Opern-Festspiele. Eine Eigenproduktion des Festivals ist die selten gespielte Oper „Paris und Helena“ auf ein Libretto von Calzabigi. Eine „Iphigenie auf Tauris“ gäbe es zwar auch von Gluck, aber jene Oper, die im Markgrafentheater Erölangen gespielt wird, stammt von dessen Zeitgenossen Tommaso Traetta. Die Inszenierung ist übrigens von Rudolf Frey, der auch schon bei den Salzburger Festspielen Regie geführt hat. Kein Gluck-Gedenken ohne „Orpheus und Eurydike“, in diesem Fall ein Gastspiel des Landestheaters Coburg.
Schade eigentlich, dass die „Pilger von Mekka“, mit denen das Salzburger Landestheater die Gluck-Pflicht zum Jubiläumsjahr respektabel einlöste, beim Festival in und um Nürnberg zu sehen ist. Dafür ist die einaktige Serenade „I Cinesi“ kennen zu lernen – hinter der „Opera incognita“, die diese szenische Aufführung gestaltet, stehen der Dirigent Ernst Bartmann und Regisseur Andreas Wiedermann. Beide sind am Mozarteum in Salzburg ausgebildet worden.
Auch Musikwissenschafter treffen sich alle zwei Jahre in Nürnberg zu einem Symposion während der Internationalen Gluck-Opern-Festspiele. Einen besonderen Aspekt verspricht diesmal die Lecture demonstration mit dem Titel „Das Experiment BALLETT in Glucks Reform“. Da soll anschaulich gemacht werden, wie Gluck das dramatische Handlungsballett als Mittel zur Neuerung der Oper nutzte. Das hochkarätig besetzte Symposion, eine Tagung der internationalen Gluck-Gesellschaft Wien/Berching in Kooperation mit der Gluck Forschungsstelle Salzburg und der Universität Bayreuth, wird vom 18.bis 21.Juli im Marmorsaal der Nürnberger Akademie in Nürnberg abgehalten.
Die Gluck Forschungsstelle Salzburg wird von der Nürnberger Versicherung finanziell unterstützt. Dieses Unternehmen ist auch Initiator und Förderer der Gluck-Opern-Festspiele.