Heutige Buffa-Oper im Renaissance-Theben
VICENZA / TEATRO OLIMPICO
18/06/10 Im ersten festen und überdachten Theaterbau der Renaissance, dem berühmten Teatro Olimpico des Andrea Palladio, gibt es seit 19 Jahren ein Festival mit Konzerten und Opernproduktionen. Heuer Donizettis "Don Pasquale" mit einem jungen Ensemble.
Von Wolfgang Stern
Die Olympische Akademie, die 1555 gegründet wurde und auch heute noch existiert, war ausschlaggebend, dass in Vicenza dieses besondere Theater gebaut wurde. Das Mitglied Andrea Palladio (1508-1580) lieferte die Pläne dazu. Am 3. März 1585 wurde der Bau mit einer Aufführung des König Ödipus von Sophokles eröffnet. Das Theater zählt zu den bekanntesten Werken des Meisters, der besonders im Raum Vicenza tätig war und bedeutende Bauten der Renaissance für die Nachwelt hinterließ, die einen Besuch einer der schönsten Städte Oberitaliens allemal wert ist.
Palladio gilt übrigens als erster "Berufsarchitekt" - bis dahin war die Architekru ja eher Sache von bildenden Künstlern, Palladio lebte ganz der Baukunst allein. Die Villa La Rotonda in Vicenza oder die Villa mit dem Namen "La Malcontenta" am Brenta-Kanal zwischen Padua und Chioggia gehören zu den Musterbeispielen für Renaissance-Profanarchitektur. Das Teatro Olimpico hat Palladio zwar noch entworfen, seine Fertigstellung aber nicht mehr erlebt.
Nun gibt es seit bald zwei Jahrzehnten die Settimane Musicali al Teatro Olimpico – meist von Mitte Mai bis Mitte Juni -, in denen jeweils eine Oper und zahlreiche Konzerte stattfinden. Da kann man sich von der ausgezeichneten Akustik des Theaters mit seinem halbelliptischen, steil ansteigenden Zuschauerraums überzeugen kann. Die Bühnen-"Dekoration" ist fet gebaut in diesem Haus - eine Nachempfindung der Strassen von Theben: ein Kunstgriff mit beeindruckender Tiefenwirkung.
Don Pasquale ist in der Rolle des Theaterrestaurators. Schon vor Beginn und während der Ouvertüre sind Putztrupp und Aufseher im Dienst, werden Statuen abgestaubt und Leute durch das Theater geführt. Mit vielen kleinen Gags wird opera buffa umgesetzt. Ernesto, der Neffe Don Pasquales tritt erst einmal als Rockmusiker auf und Norina, die junge Witwe, kommt vom Schuheinkauf. Kein Italien ohne Stilettos, auch hier auf der Bühne, wo Schick und Charme ebenso regieren wie in den Auslagen oder auf den Strassen. Die Angestellten des Theaters, die gegen Ende der Handlung zunehmen und gleichzeitig den ausgezeichneten Chor bilden, sind in der Rolle der Statisten und bringen immer wieder teils köstliche Utensilien daher. Mit wenigen gezielt eingesetzten Gegenständen belebt man die Handlung (Regie: Francesco Bellotto). Am Ende erhält dann der gutmütige Don Pasquale auch „seine Frau“ in Form einer frisch hergerichteten weiblichen Figur.
Die wenigen Rollen sind gut besetzt, Lorenzo Regazzo als Don Pasquale überzeugt sowohl stimmlich als auch schauspielerisch und trägt sehr zum Erfolg der Aufführung bei. Sein Neffe Ernesto (Emanuele D´Aguanna) besitzt einen jugendlichen, hellen Tenor und setzt seinen Part mühelos um. Gabriele Nani glänzt mit einem wohl timbrierten Bariton und spielt einen gefinkelten Dr. Malatesta. Federica Carnevale meistert mühelos ihre Koloraturen als Norina und genießt ihre Rolle im Wechselspiel.
Am Pult des Orchestra di Padova e del Veneto steht Giovanni Battista Rigon, der künstlerische Leiter der Settimane Musicali al Teatro Olimpico. Er lässt keine Langeweile zu und zeigt absolute Kenntnis in der Umsetzung der Donizett´schen Partitur. Marina Malavasis Chorbeitrag ist musikalisch ansprechend – aber auch optisch eine Augenweide.