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"Besser mit Tönen leben als mit Tritten"

REPORTAGE / INTEGRATION / "RESONANZ UND AKZEPTANZ"

26/02/10 "Ich erinnere mich am liebsten daran, als wir mit Klatschen und Schnipsen den Rhythmus gemacht haben. Es wird dir ganz warm, und du kannst besser rechnen. Ich mach jetzt Kopfrechnen mit Rhythmus." Das sagt der neunjährige Emre, der in Hallein in die Volksschule geht.

Von Maria Honsig

Propheten werden im eigenen Land nicht gehört, zukunftsweisende Projekte manchmal erst über einen langen Umweg für die eigene Heimat entdeckt: So könnte man das Schicksal des Schulprojekts "ReSonanz und AkzepTanz" beschreiben: Hauptsache ist aber: das preisgekrönte Integrationsprojekt ist jetzt in Salzburg gelandet!

Klaus Fessmann, Professor im Orff-Institut an der Universität Mozarteum, hat das Konzept gemeinsam mit einem deutschen Kollegen, Michael Kaufmann von der Herbartschule Essen, bereits 2004/05 entwickelt. In Essen wurde "ReSonanz und AkzepTanz" eine äußerst erfolgreiche Initiative in Schulen mit einem hohen Migrationshintergrund. Die fruchtbare Arbeit über Jahre wurde erst vor wenigen Monaten mit dem ECHO-Klassik-Preis (dem "Sonderpreis der Jury für Nachwuchsförderung im Bereich der Klassik") ausgezeichnet.

"Mit allen Sinnen das Leben nachhaltig begreifen lernen", das ist eine der wichtigen Richtlinien der Salzburger Lehre nach dem Komponisten Carl Orff. Er wollte eine Musik lehren, die von allen Menschen, unabhängig ihres Wissens und Könnens, gespielt und verstanden werden kann. Er nannte das "elementar", heute würde man vielleicht "basal" oder "global-international" dazu sagen.

"Wir gehen davon aus, dass Musik unverzichtbar im Leben ist", erklärt Klaus Fessmann das Konzept. "Der Begriff ReSonanz verweist auf das Klingen, die Sonanz, eine der Grundbedingungen des Lebens. Ausgehend von unseren eigenen Klängen nehmen wir die Klänge der Natur, der Umwelt, des Kosmos wahr. Nur dadurch erhalten wir Orientierung in dieser Welt, können wir miteinander kommunizieren." Musik sei immer in Bewegung. "Musik tanzt immer" - deshalb also das Schlagwort "AkzepTanz".

Und nicht zuletzt: Auch Sprache ist ein Teil von Musik. "Sie ist immer mehr als der Inhalt, den sie beschreibt. Sie enthält immer schon alle, die verschiedenen Sinne ansprechenden Bereiche. Sie enthält Melodie, Rhythmus, Farbe, Klang und Bewegung." Durch Musik und Tanz würden mithin Teamgeist, Akzeptanz und Kooperation möglich. Klaus Fessmann spricht auch von einem wachsenden "Selbstbewusstsein über die Grenzen des eigenen und kulturell Definierten und Gewohnten hinaus".

Auf diese Weise werden bei "ReSonanz und AkzepTanz" die unterschiedlichen kulturellen Hintergründe der Schülerinnen und Schüler aufgegriffen. "Es ist besser mit Tönen zu leben, als mit Tritten", sagt Klaus Fessmann pointiert. "Jedes Kind wird gerade in seiner Eigen-, ja Fremdartigkeit als Bereicherung für die Gemeinschaft gesehen, kann beitragen mit dem, was es eben kann: Türkisch ist da oft die schon vertrauteste Fremdsprache." Bewegung, Rhythmus, Gesang, Trommeln, Klatschen, Tanzen, Schauspielen - aus dem jeweiligen sprachlichen Idiom wird ein Bündel von künstlerisch-kreativen Äußerungen entwickelt.

Fünfzig Prozent Ausländeranteil ist auch in Salzburger Schulen nicht selten Realität - so etwa der Volksschule Hallein Stadt. Die engagierte Direktorin Rosa Bock setzt schon lange auf fächer- und altersübergreifende Projekte mit speziellem Integrationsansatz. In diesem Schuljahr hat sie nun auf Betreiben der Klassenlehrerin Claudia Haiberger dem in Salzburg vom Orff-Schulwerk getragenen Projekt "ReSonanz & AkzepTanz" die Schultore geöffnet. Seit Oktober 2009 kommt die Musik- und Tanzpädagogin Emine Yaprak Kotzian einmal in der Woche in die 4a und in die Vorschulklasse und arbeitet mit den Kindern zu Themen in Musik und Tanz. Ende Jänner hat der erste Begegnungstag stattgefunden: Da haben elf Studierende des Orff-Instituts für alle Klassen der Schule Musik und Tanz-Stationen zum aktiven Mitmachen angeboten.

Nach dieser Eröffnungsphase gibt es neben dem laufenden Unterricht noch zwei Intensivwochen. Am Ende des ganzjährigen Projekts steht eine Aufführung zu dem gemeinsam mit den Kindern erarbeiteten Thema.

Veranstaltet wird das Projekt in Salzburg in Kooperation mit der Gesellschaft "Förderer des Orff-Schulwerks" (organisatorische Leitung: Rainer Kotzian). Die Kulturabteilung des Landes übernimmt den Großteil der Kosten des Projekts, das auch weitergeführt werden soll.

Zu dem Schulprojekt "ReSonanz & AkzepTanz" ist im Kösel-Verlag auch eine wissenschaftlich dokumentierende Publikation erschienen.
Bild: www.klangsteine.com

 

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