Seit vier fünf Tagen fühlen wir uns wieder topfit
NACHGEFRAGT BEI FRANK STADLER
03/04/20 Frank Stadler, Konzertmeister des Mozarteumorchesters, Primgeiger des Stadler Quartetts, gefragter Solist und Widmungsträger von Violinwerken namhafter zeitgenössischer Komponisten, hat sie hinter sich, die Corona-Infektion. Er und seine Lebensgefährtin, Mirga Gražinytė-Tyla, Chefdirigentin des City of Birmingham Symphony Orchestra, haben das Virus im Februar aus Madrid mitgebracht.
Von Heidemarie Klabacher
Frank Stadler über die letzten Wochen, „diese Corona-Erfahrung“: „Ja, man will darüber sprechen. Um zu zeigen, dass man wirklich aufpassen soll. Und um zu zeigen, dass es wieder gut werden kann. Auch wenn die Spaziergänger in der Hellbrunnerallee, alle mit Maske und im sicheren Abstand voneinander, ein unheimlichs Bild vermitteln.“
Kunst und Kultur und Musik in schwierigen Zeiten rücken als Thema in den Hintergrund.
„Inzwischen ist es bei uns vorbei und wir sind momentan in einer grotesken Situation: Wir lesen täglich die Nachrichten und verfolgen in den Medien den schlimmen Verlauf, den die Epidemie in der ganzen Welt nimmt. Und bei uns ist es in den letzten vier fünf Wochen immer besser geworden.“
Im Jänner und Februar war Frank Stadler in Madrid, „vom Mozarteumorchester freigestellt, unbezahlter Urlaub“. Seit einigen Jahren verbringe er jeweils ein paar Wochen in Madrid, „wegen Ivor Bolton, der am Teatro Real Madrid Chefirigent ist“. Eine arbeitsreiche Zeit. „Da gab es eine Zauberflöte mit Ivor Bolton zu spielen, dort eine Walküre mit Pablo Heras-Casado.“ Glücklicherweise habe es sich einrichten lassen, so Frank Stadler, „dass auch die Mirga mit unserem Kleinen in dieser Zeit in Madrid sein konnte“.
„Im Augenwinkel“ hätten sie wohl mitbekommen, „was da aus China daher kommt“. „Das haben wir alles mitverfolgt. Und wir haben dennoch einen schönen Husten in der Familie damit überhaupt nicht in Verbindung gebracht.“ Der Husten bei Mirga Gražinytė-Tyla und beim kleinen Leonardas (er wird im August zwei Jahre alt) sei immer stärker geworden. Über Vermittlung der Madrider Oper hätten sie schließlich Hausbesuch von einem Arzt bekommen. Antibiotika hätten nichts gefruchtet. „Das war schon ein wenig verdächtig.“ Auch er, so Stadler, habe schließlich „den Husten übernommen“, allerdings gemeint: „Walküre geht auch so.“ Und er habe „nicht einen Augenblick lang daran gedacht, dass es Covid-19 sein könnte“. Nach zwei Wochen fühlte er sich auf dem Weg der Besserung. Zurück in Salzburg also kein Grund für ihn, „Quartett- oder Orchester-Proben nicht zu besuchen“.
In der Zwischenzeit hatte Mirga Gražinytė-Tyla mit ihrem Orchester in Birmingham gearbeitet und dort einen schweren Rückfall erlitten. Sie wollte sich testen lassen, erzählt Lebensgefährte Frank Stadler. „Das verlangt der Anstand, auch wenn man es sich nicht vorstellen kann und selber nicht daran glaubt.“ Da die Dirigentin aber aus keinem damals erklärten Risikogebiet gekommen ist, wurde der Test verweigert.
Erst in Salzburg wurde Gražinytė-Tyla getestet. „Mirga und Leonardas waren positiv“, berichtet Frank Stadler, die „engste Kontaktperson“. Der Kleine habe schon im Februar als erster gehustet und gefiebert, war aber auch als erster fieberfrei. „Es bleibt ein Mysterium. Wir wissen bis heute nicht, war das Corona oder nicht.“ Bei ihm selbst, so Stadler, sei es immer schlechter geworden, „aber nach drei vier Wochen hat man sich an das ständige Gehüstel gewöhnt“.
Schließlich wurden Mozarteumorchester und Stadler Quartett in Quarantäne geschickt. Stadler wurde sogar zweimal getestet, aber der Test fiel jedesmal negativ aus. Dennoch seien es über große Strecken die bekannten Symptome gewesen, das Fieber, der starke Husten... Es sei Sache von Experten, den möglicherweise a-typischen Verlauf mit langer Dauer und Rückfall einzuschätzen. „Seit vier fünf Tagen fühlen wir uns wieder topfit.“
Und jetzt? Im Mozarteumorchester – Frank Stadler ist einer der Konzertmeister – denkt man darüber nach, „wie man trotzdem etwas fürs Publikum machen“ könne. Das Stadler Quartett, dessen Primgeiger Frank Stadler ist, wollte zwei „geplante Konzerte ohnehin verschieben, unabhängig von der Krise“: Zusammen mit dem Verein West-Eastern Divan plane man derzeit eine Neuauflage des Weinberg-Festivals für die zweite Dezemberwoche.
Und wie stellt man sich das Homeoffice einer Dirigentin und eines Geigers vor? „Es hat sich ein ungewohnter Rhythmus eingestellt. Man macht Dinge, die man seit Jahren machen wollte und zu denen man nicht oder kaum gekommem ist. Wir gehen spazieren, schauen Filme an, lesen. Es ist nicht so, dass wir ständig nur üben oder Partituren studieren.“