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Mirni rat, kedveschni rat...

HINTERGRUND / NEUES „GOTTESLOB“

19/12/13 Höchstens „Happy Birthday“ schlägt das “Stille Nacht” auf der schwarzen Liste der weltweit am öftesten und am schlechtesten gesungenen Lieder. In diesen Wochen greifen viele Kirchenbesucher das erste Mal zum „Neuen Gotteslob“ – das bei weitem verbreitetste Gesangbuch im deutschen Sprachraum. Das „Stille Nacht“ finden sie darin gleich mehrmals.

Von Reinhard Kriechbaum

048Bleiben wir doch kurz beim „Stille Nacht“: Klar, dass unsere, der Salzburger, Wahl nicht auf jene „internationale“ Melodieversion fällt, die im neuen Buch unter der Nummer 249 (mit drei Strophen) abgedruckt ist: Diese Variante hat uns übrigens Johann Hinrich Wichern 1844 eingebrockt, der Begründer der evangelischen Diakoniebewegung. Dieser verdiente Mann ist übrigens ein weiteres Mal einschlägig auffällig geworden: Er hat den Adventkranz initiiert, der dann auch in katholischen Landen zum vorweihnachtlichen Folklore-Objekt schlechthin geworden ist.

Der Salzburger, der was auf sich hält, singt natürlich die Mohr/Gruber’sche Urfassung, die uns Männern den tenoralen Glanzton bei „himmlischer Ruh“ vorenthält, aber dafür so echt ist wie nur – und sechsstrophig.

046Das neue Gotteslob also: 534.000 Stück ist die österreichische Erstauflage stark. 50.000 Stück davon wurden in der Erzdiözese Salzburg (also den Pfarren im Bundesland und jenen im Tiroler Unterland bis zum Zillertal) in den vergangenen Wochen verteilt. Das Weinrot der alten Ausgabe, die 1975 herausgekommen war, ist jetzt von einem lichtgrauen Einband abgelöst. Stattliche 1296 Seiten ist es stark. Das sind fast 300 Seiten mehr als im alten Buch.Trotzdem ist es kaum dicker, der Druck auf extrem dünnen Papier (der in Deutschland technisch gar nicht komplikationsfrei anlief) macht's möglich.

Eine Besonderheit des neuen Gotteslobs ist, dass nicht mehr jede Diözese ihren eigenen Lieder-Anhang hat, sondern dass zum knapp tausendseitigen Stammteil für die gesamte deutschsprachige katholische Welt (da gehören also nicht nur Südtirol dazu, sondern auch Luxemburg und ein paar belgische Grenzregionen) ein gemeinsamer Österreich-Teil angehängt wurde. In ihm spiegelt sich regionale Vielfalt: „Tiha noc, o sveta noc“ lautet das „Stille Nacht“ auf Burgenländisch-Kroatisch. Im Burgenland wird man es auch gelegentlich mit dem Text „Mirni rat, kedveschni rat“ hören, wie es in der Sprache der Roma heißt. Oder auf Ungarisch: „Csendes ej! Szenséges ej!“ Bleibt noch für Kärnten die Slowenisch-Variante „Sveta no?, blažena no?“. Die katholische Welt in Österreich ist nicht nur ideologisch, sondern auch sprachlich polyglotter als man denkt.

047Konservativere Geister werden mit der kurzen lateinischen Antiphon „Hodie Christus natus est“, die interessanter Weise im Österreich-Teil steht, zufrieden gestellt. Einer von rund 25 Gregorianischen Gesängen im neuen Buch.

Übrigens kann man an einem populären Adventlied anschaulich sehen, wie föderal auch die Liedlandschaft hierzulande ist: „Tauet Himmel den Grechten“ wird in der Steiermark, in Tirol und in Vorarlberg anders gesungen als etwa im Burgenland, in Kärnten oder Salzburg, wo sich die charmante Dreivierteltakt-Version von Michael Haydn eingebürgert hat. Noch buntscheckiger sind die Varianten übrigens beim populären Osterlied „Der Heiland ist erstanden“: Da haben die Diözesen Graz-Seckau, St. Pölten, Wien und Eisenstadt, Linz sowie Salzburg und Gurk-Klagenfurt ihre je eigenen Lieder – und das sind nicht bloß fünf unterschiedliche Fassungen, sondern jeweils völlig eigenständige Melodien. Der gemeisame Österreich-Anhang im neuen Gotteslob macht das für jedermann offensichtlich. (Wird fortgesetzt)

Das neue „Gotteslob“ ist natürlich auch im Buchhandel zu haben: Es kostet in der Normalausgabe € 19,95. Ledergebundene Varianten gibt es in Weinrot, weiß und schwarz (€ 34,90). Die Großdruckausgabe wird erst im Frühjahr 2014 herauskommen – www.gotteslob.at
Bilder: dpk-krie
Zur zweiten Folge Vom (heiligen) Geist, der dahinter steckt
Zur dritten Folge Es darf wieder geterzelt werden

 

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