Dem Ermöglicher
DIALOGE / IN MEMORIAM HANS LANDESMANN
02/12/13 Gefehlt hat nur Hans Landesmann selber: Die Stiftung Mozarteum hat das letzte Konzert der Dialoge 2013 „Licht“ ihrem verstorbenen Kuratoriumsmitglied und dem Dialoge-Mitbegründer Hans Landesmann gewidmet.
Von Heidemarie Klabacher
Der traditionellen Aufführungen des – heuer von Laurence Equilbey energiegeladen interpretierten - Mozart-Requiem ist von der Stiftung Mozarteum ein eigener Konzertteil „Für Hans Landesmann“ vorangestellt worden: ein würdevoller Festakt mit persönlichen Erinnerungen und zwei Werken eng verbunden mit dem Leben und Wirken des großen Musikmanagers und –vermittlers.
Er kann sich gar nicht erinnern, wann genau er Hans Landesmann kennen gelernt hat, habe Pierre Boulez einmal gesagt, erzählte Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler. Im Leben des großen Komponisten und Dirigenten Pierre Boulez sei Hans Landesmann wie ein unverzichtbarer Weggefährte quasi seit jeher präsent gewesen. Mitglieder des „österreichischen ensembles für neue musik“ oenm spielten denn auch zur musikalischen Eröffnung des Abends ein Werk von Pierre Boulez.
Dieser hat „Memorial“ für Soloflöte und acht Instrumente 1985 als Gedenkstück für den jung verstorbenen Soloflötisten des Ensembles Inter-Contemporain Lawrence Beauregard geschrieben – ein Stück dessen musikalisches Ausgangsmaterial Boulez zuvor bereits in anderen „Erinnerungsmusiken“ verwendet hatte.
Die Festspiele seien für Hans Landesmann eine „Glückskatastrophe“ gewesen, „ähnlich wie für seinen Freund Imre Kertész der Literaturnobelpreis“, so Festspielpräsidentin Helga Rabls-Stadler. Landesmann war glücklich mit Salzburg, „wir waren glücklich mit ihm“. Tatsächlich ist der Einzug der Zeitgenössischen Musik in die Konzertprogramme der Salzburger Festspiele ausschließlich dem unermüdlichen Engagement Hans Landesmanns zu verdanken.
Einer von den vielen jungen Komponisten, für die Hans Landesmann Mentor war, ist Georg Friedrich Haas, der dieser Tage im Zentrum der Dialoge 2013 „Licht“ gestanden ist - und dessen „Klangräume zu den unvollendeten Fragmenten des Requiems von Wolfgang Amadeus Mozart“ 2005 bei den Dialogen uraufgeführt wurden. Die amalgamhafte Verschmelzung der Haas-Stücke mit den Requiems-Sätzen ist in der Erinnerung des Dialoge-Besuchers bis heute präsent.
Zu verdanken ist die Erinnerung an diese Sternstunde des Dialogs zwischen „Neu“ und „Alt“ ebenfalls Hans Landesmann: Dieser habe sich, so der Komponist, etwas gewünscht, „das zwischen den Fragmenten von Mozarts Requiem stattfinden könne“. Auch die Arbeit an der Oper „Melancolia“ habe 2006 damit begonnen, „dass Hans Landesmann sich eine Oper von Jon Fosse und mir wünschte“, erinnert Georg Friedrich Haas. Zum Siebzigsten Geburtstag Landesmanns im Jahr 2002 hat Haas das Stück „Für Hans Landesmann“ für zwölf Instrumente geschrieben: „Ein Konzert des Klangforums in Wien sollte ihn feiern, ich wurde eingeladen, ein Stück für ihn zu komponieren. Keine Struktur, keine Zitate (zumindest keine bewusst gesetzten) nur freie Assoziationen zu einem wunderbaren Menschen“, sagt Haas über sein Landesmann-Stück. Bei der Feierstunde am Sonntag (1.12.) im Großen Saal hat das oenm unter der Leitung von Johannes Kalitzke „Für Hans Landesmann“ als ebenso expressives wie Haas-typisch „sphärenmusikhaftes“ Kleinod musiziert.
Er habe Hans Landesmann zunächst „indirekt“ kennengelernt, erzählte der Rektor der Universität Mozarteum und der Präsident der Salzburg Biennale Reinhart von Gutzeit: Bei einem Bewerbungsgespräch habe eine junge Frau betont, sie sei Assistentin von Hans Landesmann gewesen. Er habe dies als Hinweis auf einen „starken Trumpf“ interpretiert, „dem wenig entgegenzusetzen sei“. Gutzeit erinnerte besonders an die Gabe Landesmanns, junge Menschen an sich zu binden, zu fördern und zu fordern, und entwarf noch einmal die bildhafte Erinnerung an die verhaltene, leise, ungewöhnlich freundliche geistreiche Persönlichkeit Hans Landesmanns, für den die Salzburg Biennale „ein letztes Kind“ gewesen ist.
Johannes Honsig-Erlenburg, der Präsident der Stiftung Mozarteum, beschwor einen „Frühlingsnachmittag im Jahr 2004 in seinem Garten“ an dem – in Anwesenheit von Hans Landesmann, Veronika Hagen, Markus Hinterhäuser und Stephan Pauly – quasi die Geburtsstunde der „Dialoge“ geschlagen habe. Bürgermeister Heinz Schaden fasste es zusammen: „Hans Landesmann fehlt mir.“
Nachdem Festakt in Wort und Zeitgenössischer Musik folgte ein ebenso festlicher musikalischer Akt mit Musik von Charles Ives und Mozart: Der Salzburger Bachchor sang unter der Leitung der Dirigentin Laurence Equilbey zunächst den „Psalm 90“ für gemischten Chor, Orgel und Glocken: ein klangsinnliches, stark den Wort verpflichtetes Vokalstück, das ganz ohne Pathos große Emotion vermittelt.
Die Aufführung des Mozart-Requiems, die seit Bestehen der Dialoge das Festival abschließt, war ein energiegeladenes mitreißendes Erlebnis, furios musiziert vom Mozarteumorchester, präzise und mitreißend geleitet von Laurence Equilbey, eine geradezu bedrohlich „fetzige“ wilde Jagd das Dies irae, überirdisch schön das Salva Me etwa in der Sequenz. Besonders reizvoll in dieser Interpretation war das Benedictus, das - stärker als sonst oft spürbar - zwischen einem Triumphmarsch für einen Herrscher und einem heiteren Ständchen für einen lieben Menschen zu changieren schien.
Bilder: Wolfgang Lienbacher