Zwei Konzerte in einem
STIFTUNG MOZARTEUM / LOCKENHAUIS ON TOUR
16/10/13 Ein seltsam disparates Programm bot eine hochkarätige Gruppe unter dem Motto „Lockenhaus on Tour“ am Dienstag (15.10.) im Großen Saal des Mozarteums. Erfreulich, dass große Kammermusik jetzt wenigstens im Parterre wieder für volle Reihen sorgt.
Von Gottfried Franz Kasparek
Mag sein, dass eine Zusammenstellung, die man böse auch als „Kraut und Rüben“ bezeichnen könnte, in der lockeren Atmosphäre des nun vom Cellisten Nicolas Altstaedt geleiteten Kammermusikfestes im Burgenland ihren eigenen Reiz hat. Im „normalen“ Konzertbetrieb wirken Franz Schuberts Es-Dur-Klaviertrio vor und ein schwelgerisches frühes Klavierquintett von Béla Bartók nach der Pause wie zwei Konzerte in einem, zumal wenn auch die Interpretation keine schlüssige Verbindung schaffen kann – trotz des in beiden Fällen am Steinway souveränen Alexander Lonquich.
Ja, der Steinway. So introvertiert, so zurückhaltend wie der Geiger Pekka Kuusisto und Cellist Altstaedt Schuberts immer wieder aufwühlendes Trio spielen, hätte ein Hammerklavier wohl besser gepasst. Die Balance zwischen den energischen Akzenten und dem farbintensiven Spiel Lonquichs und den leisen Schwebezuständen seiner Partner stimmte leider so ganz und gar nicht. Man brauchte am Beginn schon eine Zeit lang, um den sich in feiner Klangästhetik ergehenden Geiger überhaupt akustisch wahrzunehmen. Mitunter gelangen schöne Momente, vor allem dann, wenn der Pianist schon fast Mahler’sche Abgründe aufriss und die Streicher wohl oder übel folgen mussten. Dazwischen gab es einige bedenkliche Verirrungen in Richtung alter Schubert-Lieblichkeit, etwa im Scherzando, wo dies aber noch eher passt als im Finale. Mitunter war nahezu zu vermuten, da wären Darmsaiten im Spiel – aber die würden spröder tönen. Und könnten mit einem Klavier der Schubert-Zeit zu erhellenden Ergebnissen führen.
Nicolas Altstaedt fügte sich im Bartók-Stück mit vollem Ton dann bestens ins Ensemble, dem auch Kuusisto, nun stilgerecht an der zweiten Geige wirkend, wieder angehörte. Das Sagen hatte da aber neben dem brillanten Pianisten ein ungarisches Ehepaar. Primgeiger Barnabás Kelemen und Bratscherin Katalin Kokas agierten mit Verve und Leuchtkraft. Da waren Herzblut und Hingabe spürbar. Dies passt auch zu den wogenden Klangwellen des 1904 uraufgeführten Stücks, welches typisch für die spätromantischen Jugendwerke der „Klassiker der Moderne“ ist. Dass Bartók in dem fast 50minütigen, fast pausenlosen Gefüge mitunter mit tonalen Engführungen und effektvollen Dissonanzen schon kommende Innovationen ahnen lässt, macht die Sache oft spannend. Dass unter seinen Budapester Studienkollegen und Jugendfreunden nicht nur Kodály, sondern auch Kálmán Imre gewesen ist, erzählt der Finalsatz – wohl Bartóks einzige Musik, in der er mit „zigeunerischer“ Virtuosität große Wirkung erzielt. Da ist, bei aller harmonischen Kunst, die „Csardasfürstin“ gar nicht so fern.
Als Zugabe erklang nach berechtigtem Jubel Antonin Dvo?áks herrliches Furiant-Scherzo aus dem A-Dur-Quintett op. 81 – und das wäre wohl in dieser Konstellation das besser geeignete Werk vor der Pause gewesen.