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Piraten zur Belohnung

REPORTAGE / LEHRLINGSKONZERT

18/04/13 „Spielt wer Tenorhorn? Wir haben noch zwei Tenorhörner. Wir haben auch noch ein paar Klarinetten. Wer spielt Klarinette?“ Unter den 2200 Lehrlingen im Großen Festspielhaus waren heute Donnerstag (18.4.) genug Mädchen und Burschen, um die Bläserriege der Philharmonie Salzburg innerhalb weniger Minuten zu verdoppeln.

Von Heidemarie Klabacher

Der Radetzky-Marsch ist ein Hit – und es bringt gar nicht nichts, dem Stück die kriegerisch-blutige Vergangenheit seines Namensgebers vorzuwerfen. Begeistert und diszipliniert, wie das erfahrene Publikum beim Neujahrskonzert, klatschten unter der Leitung von Elisabeth Fuchs auch die 2200 Lehrlinge und Berufsschüler aus dem ganzen Bundesland Salzburg exakt im Rhythmus. Kein wildes Paschen. Man schien sich vielmehr einen Spaß daraus zu machen, auf die Zeichen der Dirigentin besonders prompt zu reagieren: Ein Wink. Publikum tacet.

Dass Mädchen und Burschen aus dem Publikum heraus einfach auf die Bühne gingen, zum richtigen Pult begleitet wurden und gemeinsam mit den Orchestermusikern loslegten, das war schon eine Überraschung. „Einschlagen“, sagte Elisabeth Fuchs zu der mindestens verdreifachten Schlagzeuggruppe, „ich möchte hören, ob ihr gemeinsam einschlagen könnt“. Schon nach wenigen Schlägen von Kleiner Trommel und Co war klar: „Passt. Los geht’s.“

Den richtigen Ton finden, das ist eine Gabe, mit der Elisabeth Fuchs reich gesegnet ist. Ob vor Kindern bei den Kinderfestspielen, vor ihren Abonnenten, vor ihren Musikerinnen und Musikern – oder eben vor einem Festspielhaus voller Berufsschüler mit wenig Konzert-Erfahrung: Sie übermittelt ihre eigene Begeisterung ohne Anbiederung, anschaulich in der Wortwahl, unmissverständlich in der Ansage. „Programm-Musik, das ist die Filmmusik im 19. Jahrhundert“, heißt es etwa in der Kürzest-Einführung zur „Moldau“. Genauso deutlich: „Am Anfang ist ein Riesen-Solo auf der Querflöte. Das wird man nur hören, wenn ihr leise seid.“ Muss einem nur gesagt werden: Ruhig war’s.

Zwischendurch stieg freilich der Grundgeräuschpegel tatsächlich ein wenig an, etwa in der Filmmusik zu „Titanic“ (die aber selbst in der Interpretation von Lisi Fuchs ein echter Schnarcher ist): „Wir haben auch noch ein fetziges Stück – Piraten der Karibik – aber das spielen wir nur, wenn ihr jetzt a Ruh gebts.“ Sollte man auch einmal bei den Hustern im Konzertalltag probieren: „Wenn Sie den langsamen Satz ohne Husten- oder Erstickungsanfall durchhalten, gibt es zur Belohnung…“ Apropos: Im ganzen – ohne Pause fast zweistündigen – Lehrlingskonzert hat nicht ein einziges Handy geläutet. Wohl wurde nicht wenig Handy gespielt (auch seitens anwesender Erwachsener, Lehrer gar?) Aber das kann man den jungen Leuten nicht zum Vorwurf machen, das kommt auch in den teuersten Konzerten auf den besten Plätzen vor.

Zuhören können die jungen Leute! „Bitte zwischen den Sätzen nicht klatschen, das ist so üblich“, sagte Elisabeth Fuchs vor dem Kurz-Ausflung „In die Neue Welt“. Hat auch geklappt. Die fetzige Filmmusik zu „Piraten der Karibik“ zum Kehraus haben sich alle verdient.

Nach dem Konzert versicherten einzelne Mädchen und Burschen glaubhaft, dass es ihnen sehr gut gefallen habe: „Doch ja schon. Am Anfang war es ein wenig fad, aber dann ist es richtig toll geworden.“ „Geht eh, war echt OK“, war einer der zurückhaltenderen Kommentare, unterstrichen von immerhin beifälligem Nicken.

Das erste Salzburger Lehrlingskonzert wurde gemeinsam realisiert von der Kulturvereinigung, der Philharmonie Salzburg, von Manfred Kastner vom Landesschulrat für Berufschulen, Stadt und Land Salzburg und von der Arbeiterkammer (die für den Transfer der Jugendlichen aus dem Bundesland gesorgt hat). Die Instrumente für die erweiterte Besetzung beim Radetzky-Marsch stellte das Musikhaus Lechner. Es werde sicher nicht das erste und letzte Lehrlingskonzert sein, hieß es. Man hoffe, schon mit dem Auftakt die Tradition eines jährlichen Lehrlingskonzertes begründet zu haben.

Auf der Website der Kulturvereinigung gibt es die Werke, die beim Lehrlingskonzert gespielt wurden, gratis zum Download
Bis heute Donnerstag (18.4.) 24 Uhr kann man sich an einem Online-Gewinnspiel mit einer Frage zum heutigen Programm beteiligen - www.kulturvereinigung.com

 

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