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Sehr gelungene „Generalprobe“

KULTURVEREINIGUNG / ORCHESTRA DELLA SVIZZERA ITALIANA

17/10/24 Die Wiederkehr von Anton Bruckners Todestag war erst vergangene Woche, sein heuer zu begehender 200. Geburtstag liegt schon länger zurück. Den Auftakt zum symphonischen Bruckner-Finale bei der Kulturvereinigung zelebrierte Markus Poschner Mittwoch mit seinem Orchester aus Lugano.

Von Horst Reischenböck

Eingeleitet wurde der Abend allerdings mit Ludwig van Beethovens Egmont-Ouvertüre op. 84 aus der Schauspielmusik zu Goethes Drama. Handelte es sich doch gewissermaßen um die öffentliche Generalprobe für das gleiche Programm, das das Orchester heute Donnerstag (17.10.) bei sich zu Hause anbieten wird. Vorerst rhythmisch kurz federnd pulsierend angestimmt, im weiteren Verlauf dramatisch akzentuiert und bestimmt in die Apotheose geführt. Unsere westlichen Verwandten wissen nicht erst seit Wilhelm Tell, was Freiheitskämpfe bedingen.

Danach präsentierte Emmanuel Pahud, nicht nur als Soloflötist der Berliner Philharmoniker bei uns hinlänglich bekannt und gewürdigt, erstmals Philippe Herrsants jüngstes, Dreamtime betiteltes Konzert. Dessen Uraufführung, dirigiert von Thomas Zehetmair, fand erst diesen Jänner im Pariser Théâtre des Champs-Élysées statt.

Die zwanzig-minütige Tondichtung knüpft archaisch an die australischen Aborigines an, in der für Hersant charakteristisch post-impressionistischen Klangsprache im Weiterspinnen von Claude Debussy ohne historischen Kontext, jedoch primär Naturklängen. Vogelstimmen bis in Terzette mit beiden Flöten im Orchester hinein, in unterschiedlichen Klangfarben nachsinnend. Ideal, wirkungsvoll und dankbar für das stupende Können des fast unentwegt beschäftigten Solisten.

Nach dieser ersten halben Stunde dann also Bruckners offiziell mit der Nummer vier bedachter Symphonie in Es-Dur WAB 104, der Romantischen. Als zumindest Zweitbekannteste in der Publikumsgunst eingestuft, war’s betreffs der Kenntnis der Hörer damit aber doch nicht so weit her. Das lässt sich aus dem spontan aufbrausenden Applaus sowohl nach Kopfsatz wie auch dem Jagd-Scherzo mutmaßen.

Masrkus Poschner, designierter Nachfolger von Ivor Bolton in Basel, hat sich bislang als einziger Dirigent in vielen Jahren mit Bruckners Kosmos an allen elf Sinfonien in sämtlichen Versionen auseinandergesetzt und diese als Chef des Linzer Brucknerorchesters und mit dem RSO Wien dokumentiert.

Von der Romantischen existieren zwei gedruckte Fassungen, obwohl Bruckner zu mehreren Zeiten verschiedene Änderungen vornahm. Selbst Gustav Mahler, der die Vierte dreimal – 1895 in Hamburg, 1900 in Wien und 1910 in New York – dirigierte, schreckte vor gravierenden Eingriffen nicht zurück. So nachdrücklich war’s diesmal nicht, obwohl Poschner, zum Unterschied von seiner eigenen Aufnahme, diesmal die ältere Edition von Robert Haas anstelle Nowaks neuerer Ausgabe bevorzugte. Darin lautet beispielsweise die Tempo-Angabe für den ersten Satz einfach Allegro , was durchaus einige, von auch Poschner genutzte Modifikationen zuließ, während Leopold Nowak sie Bewegt, nicht zu schnell musizieren heißt.

Das änderte am Gesamteindruck nicht übertrieben viel, vor allem da im vorliegenden Fall denkbar höchst engagiert musiziert wurde. Etwa von der Soloflötistin und ihrer Kollegin am Solohorn, die der Aussage Robert Schumanns „Der Klang des Horns ist die Seele des Orchesters“ vollends entsprach. Und das ging bis in die ansehnliche Basis des Kontrabass-Quartetts hinein.

Was kann, darf nach so einem grandiosen Werk, das an sich die Natur reflektiert, noch gespielt werden? Markus Poschner wusste die Antwort: „Nur Franz Schubert!“ Er entließ die begeisterten Zuhörer mit dessen Zwischenaktmusik aus Rosamunde in die laue Herbstnacht.

Originalen, unbearbeiteten Bruckner gibt es heute Donnerstag (17.10.) – seine gigantisch kontrapunktische Fünfte, gespielt von der Deutschen Radio Philharmonie Saarbrücken Kaiserslautern unter dem finnischen Dirigenten Pietari Inkinen- Am Freitag (18.10.) folgt das Mozarteumorchester unter Thomas Hengelbrock mit der „kecken“ Sechste nach Haydns letzter Londoner Sinfonie Hob. I:104 – www.kulturvereinigung.com
Bilder: SKV / Reinhard Winkler
Zum Vorbericht Fantastisch statt katholisch

 

 

 

 

 

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